„Was für eine Chance würde doch eigentlich in einem Legislaturprogramm stecken! Man könnte gemeinsam und mit offenem Horizont die grössten Herausforderungen unseres Landes diskutieren, Rechenschaft über Erreichtes und Verpasstes ablegen, die Lage der Nation im internationalen Kontext analysieren, gemeinsam visionäre Ziele für einen längeren Zeithorizont setzen, um danach konkrete Massnahmen für die nächsten vier Jahre zu beschliessen – Massnahmen für den Weg aus der Franken- und Ressourcenkrise, Massnahmen für die soziale Sicherheit und für die ökologische Modernisierung von Gesellschaft und Wirtschaft. Man könnte, man könnte.“
Bea Heim am 13. Juni 16 im Nationalrat: „Leider muss ich im Konjunktiv sprechen. Denn der Bundesrat und die Mehrheit in diesem Parlament haben genau diese Chance verpasst. Die Legislaturplanung, so wie sie jetzt vorliegt, ist ambitionslos, wir haben es gesagt, und sie ist lückenhaft. Das Ergebnis der Ratsdebatten zielt aus unserer Sicht in erster Linie auf eine Schwächung des Staates, auf Abbau dessen, was die Kraft unseres Landes ausmacht, des sozialen Ausgleichs und der Investitionen in die Zukunft.
Die SP-Fraktion hat darum seinerzeit die Rückweisung beantragt. Heute zeigt sich, wie richtig wir mit unseren Befürchtungen gelegen sind. Darum spreche ich jetzt einmal davon, was alles nicht in dieser Legislaturplanung steht. Es sind drei von vielen Beispielen. Es steht nichts darin von der Industriepolitik. Unsere Industrie ächzt unter der von der Nationalbank mutwillig provozierten Frankenkrise. Der Stellenabbau ist dramatisch. Unserem Land droht eine Deindustrialisierung. Wir sind drauf und dran, die Chancen zu verpassen, die der technologische Wandel mit sich bringt. Die Schweiz ist ein Industrieland, aber massgebliche Kreise wollen unser Land offenbar zu einem Singapur machen, einer Wohlfühloase für Finanzspekulanten, einem Nachtwächterstaat, in dem immer mehr Menschen unter immer prekäreren Bedingungen arbeiten müssten.
Es steht in diesem Legislaturprogramm nichts über den ökologischen Umbau, nichts über die Energiewende. Das wären Projekte, die unser Land vorwärts bringen könnten, die reale Jobs für real arbeitende und real forschende Menschen schafften, die unsere Leben sicherer machten und die wegführen würden von den Gefahren der Atomenergie, die für den Schutz unserer Umwelt arbeiteten, weil sie mit den Ressourcen sorgfältiger umgingen.
Es steht in diesem Legislaturprogramm nichts von der Weiterentwicklung der Gesellschaft – einer Gesellschaft, die sich solidarisch mit den Schwächeren zeigt; einer Gesellschaft, in der alle Kinder die gleichen Bildungschancen haben; einer Gesellschaft, die sich für Menschenrechte und Umweltstandards im Inland wie auch im Rahmen der Freihandelsabkommen einsetzt; einer Gesellschaft, die sich nicht ängstlich abschottet und einigelt, sondern sich mutig und selbstbewusst den Herausforderungen stellt; einer Gesellschaft, die sich für eine solidarische Lösung der Flüchtlingskrise einsetzt. Von alledem steht in diesem Legislaturprogramm nichts.
Dafür skizziert die rechte Mehrheit in diesem Saal ein Abbruch- und Abbauprogramm, das heisst: Entlastung des Kapitals zulasten der Lohnabhängigen, das heisst aus meiner Sicht: Geringschätzung der Leistungen und Bedürfnisse der Arbeitnehmenden. Das heisst im Klartext: das Rechte stärken statt einer sozialen solidarischen Gesellschaft.
Zu einer solchen Politik, die den Staat in seiner Leistungsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit demontiert, bieten wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht Hand, da spielen wir nicht mit. Die SP wird mit allen Kräften – wenn es sein muss, mit der Kraft der Strasse – diese Politik bekämpfen.“