SoS13: Gegen Masseneinwanderung. Volksinitiative

  • 24. Juni 2013
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Heim Bea (S, SO): Es kommt ja nicht allzu oft vor, dass so unterschiedliche Organisationen – der Arbeitgeberverband, der Gewerkschaftsbund, der Gewerbeverband, Travail Suisse, der Bauernverband und die Eidgenössische Kommission für Migrationsfragen – unisono der gleichen Meinung sind wie die SP, der Bundesrat und die Staatspolitische Kommission: Die Initiative gehört klar abgelehnt!

Warum? Sie gefährdet Arbeitsplätze, sie gefährdet die Löhne und den Wohlstand in unserem Land, sie gefährdet die guten Beziehungen zu unseren Nachbarländern. Da kann man dann lange davon schwärmen, man müsse mit der EU und unseren Nachbarländern sprechen und verhandeln – mit der Initiative gefährdet man die Beziehungen zu diesen. Die Personenfreizügigkeit hat viel zum Wirtschaftswachstum und zum Beschäftigungswachstum der letzten Jahre beigetragen. Sie bringt mehr Prosperität, Mehreinnahmen in den Sozialwerken, das sei zu betonen, mehr Steuererträge, sie stärkt die Wirtschaft, sichert Arbeitsplätze und Einkommen in unserem Land. Das ist nicht das Prinzip Hoffnung, sondern das sind Tatsachen.
Sie zeigt klar Schattenseiten: Missbräuche bei Lohn- und Arbeitsbedingungen. Die SP hat immer davor gewarnt, und sie hat sich darum erfolgreich für die flankierenden Massnahmen eingesetzt. Das Lohndumping müssen wir mit konsequenten Lohnkontrollen angehen; auch die massiv gestiegenen Mieten müssen wir entschiedener bekämpfen. Wo bieten da die Initianten Hand? Nein, sie wollen etwas anderes. Sie wollen, dass die Schweiz ihre Beziehungen zur EU, ihrem grössten Exportmarkt, aufs Spiel setzt. Ich sage Ihnen: Das ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Genau das bewirkt die Initiative. Sie will zurück zur Kontingentwirtschaft, obwohl sie damit die Kündigung des Freizügigkeitsabkommens und damit der Bilateralen I insgesamt in Kauf nimmt. Das heisst, diese Initiative bedeutet wirtschaftspolitisch eine Hochrisikostrategie.
Eine Kündigung des Freizügigkeitsabkommens würde die Schweiz zur Bittstellerin degradieren und sie zu Preiszugeständnissen zwingen. Das Resultat wäre ein Abbau von Arbeitsplätzen. Mit der geforderten Rückkehr zur Kontingentswirtschaft würden wie früher die strukturschwachen, aber lobbystarken Branchen – Landwirtschaft, Gastgewerbe und Baubranche – ihre Kontingente durchsetzen, und die kleinen, produktiven, zukunftsfähigen Wachstumsbranchen hätten das Nachsehen, mit dem Effekt, dass die Produktivität im Land abnimmt, die Schweiz zu einem Billiglohnland wird, die Löhne sinken und die Renten dazu.
Auch demokratiepolitisch gesehen ist diese Initiative mehr als fahrlässig. Zu behaupten, es kämen dann weniger Leute in die Schweiz, heisst Sand in die Augen der Leute zu streuen, die die Initiative unterschrieben haben. Auch zu Zeiten der Kontingente hat die Schweiz eine Einwanderung gehabt, und zwar eine grosse. Es ist der Wirtschaftsgang, der die Einwanderung steuert.
Die Initiative wird nicht halten, was sie verspricht. Zu den Zahlen von Luzi Stamm: Es sind unsere Tieflohnbranchen, die die Leute ins Land holen. Das heisst, wer die Einwanderung kontrollieren will, muss die Arbeitsmarktmassnahmen verstärken, den Schutz der Arbeitsbedingungen und der Löhne verstärken. Es braucht flankierende Massnahmen mit mehr Biss, auch im Vollzug, und die konsequente Durchsetzung des Prinzips, dass in der Schweiz Schweizer Löhne und Schweizer Arbeitsbedingungen gelten. Es braucht, als Schutz vor Lohndumping, Mindestlöhne in möglichst allen Branchen. Das Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen datiert von 1956 und muss unbedingt der heutigen Zeit angepasst werden, damit Gesamtarbeitsverträge aus öffentlichem Interesse allgemeinverbindlich erklärt werden können. Wo bietet da die SVP Hand?
Ich hätte auch einige Fragen an den Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartementes, der jetzt aber leider nicht anwesend ist: Warum ist in der Deutschschweiz noch kein einziger Mindestlohn erlassen worden, obwohl der Lohndruck hier gleich relevant ist wie in der Romandie? Warum schützt die Schweiz ihre Arbeitskräfte nicht so gut wie andere Länder, nämlich mit einem wesentlich höheren Grad bei der Abdeckung mit Gesamtarbeitsverträgen?
Warum sorgt der Bund nicht für mehr Kontrollen in den Kantonen? Wer die Einwanderung dämpfen will, muss in diesem Land in die eigenen Ressourcen investieren, sie besser nutzen. Was wir heute machen, die Nachfrage nach Fachkräften durch Zuwanderung abdecken, ist unklug und riskant. Die Schweiz braucht eine Bildungsoffensive, sie muss in die eigenen Leute investieren, sie zu Fachkräften ausbilden. Es braucht eine Bildungsoffensive auch angesichts des dramatischen Mangels an Gesundheits- und Medizinalpersonal. Es braucht eine Bildungsoffensive für die hier ansässigen Migrantinnen und Migranten als Vorsorge für schwierigere Zeiten. Es braucht innenpolitische Reformen, im sozialen Wohnungsbau, damit die Mieten in Zentren wieder bezahlbar sind, zum Schutz der Schweizer Löhne gegen Lohndumping und für sichere Renten im Alter.
Wir müssen uns bewegen, aber nicht mit dieser Initiative, sonst werden wir es einmal bitter büssen. Diese Initiative vermischt Arbeitsmigration mit dem Asylbereich, bringt nicht weniger, sondern im Endeffekt vielleicht sogar mehr Zuwanderung, und sie gefährdet letztlich Arbeitsplätze und Löhne. Darum sagt die SP: Diese Initiative gehört abgelehnt.

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