FS13: Lebensmittelgesetz. Revision

  • 21. März 2013
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Heim Bea (S, SO): Die Lebensmittelbranche steht in einem äussert harten Konkurrenzkampf: tiefe Preise einerseits, dennoch Sicherheit und Qualität der Produkte andererseits. Beides erwartet die Konsumentenschaft. Das Spannungsfeld „Markt versus Volkswohl“ ist in der Gesetzesdebatte zu bedenken.
Die Revision des Lebensmittelgesetzes – Sie haben es gehört – erleichtert den Warenaustausch mit der EU, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Die Schweiz gleicht also ihre Vorschriften denjenigen der EU an und bekommt dafür grössere Chancen auf dem europäischen Markt, das ist das Ziel Nummer eins. Sie erhält aber auch Zugang zum EU-Schnellwarnsystem vor gefährlichen und gefälschten Produkten. Die Stärkung des Gesundheitsschutzes ist das Ziel Nummer zwei dieses Gesetzes. Wie wichtig das ist, zeigen die Lebensmittelskandale. Man mag natürlich die Empörung, zum Beispiel wegen des Pferdefleischbetrugs, für emotional überhöht halten. Aber es ist schlicht grauslich zu erfahren, Fleisch von Pferden aus Qualzuchten gegessen zu haben. Das wird nachhaltig im Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten bleiben; das hat die Branche zu bedenken.
Tatsache ist, dass die Nahrungsmittelhersteller heute überall auf der Welt Lebensmittel, auch Fleisch, einkaufen. Die Lieferketten werden intransparenter, der Preiskampf immer härter. Und genau das verführt zur betrügerischen Machenschaften. Nur mit konsequenten Kontrollen, abschreckenden Sanktionen und festen Deklarationspflichten ist solchen Täuschungsmanövern beizukommen. Benennen Sie das bitte nicht als „administrativen Aufwand“: Es geht hier vielmehr um einen sehr heiklen Bereich, es geht um Lebensmittel und Gesundheit. Nur mit diesen Massnahmen sind Konsumentinnen und Konsumente, aber auch die Branche wirklich vor einzelnen Übeltätern zu schützen.
1. Die SP-Fraktion fordert eine konsequente Deklarationspflicht. Wir wollen keine Ausnahmen und keine Verwässerung. Konsumentinnen und Konsumenten haben ein Recht auf Transparenz. Mit Strichcodes auf den Verpackungen ist es ein Leichtes, die Herkunft der Produkte anzugeben. Nur wenn das Produktionsland bekannt ist, ist die Rückverfolgbarkeit möglich. Vage Angaben wie „aus der Europäischen Union“, wie sie der Bundesrat plant, lehnen wir ab.
2. Funktionierende Kontrollsysteme sind mindestens so wichtig. Diese sind auch im Interesse der Branche wichtig. Nur sie haben abschreckende Wirkung auf potenzielle Betrüger. Darum ist es richtig, dass der Bundesrat mit diesem Gesetz die Frequenzen der amtlichen Kontrollen festlegen kann.
Es ist aus Sicht der SP-Fraktion falsch, in Artikel 59 die Gebühren für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, für Betriebsbewilligungen und für die Kontrolle von Zerlegebetrieben zu streichen. Warum? Etliche Kantone kürzen ausgerechnet bei der Lebensmittelkontrolle das Budget, und wenn der Bund hier nun auch noch die Gebühren streicht, schwächt er die kantonalen Kontrolltätigkeiten, schwächt er die Lebensmittelsicherheit. Das will die SP nicht. Wir lehnen diese Streichungen ab.
3. Es braucht markante Sanktionen. Ein liberalisierter Warenverkehr bringt mehr Freiheit, aber er bringt auch mehr Missbrauchsrisiken. Kriminelle Machenschaften dürfen sich schlicht und einfach nicht lohnen. Die SP-Fraktion beantragt darum eine Verdoppelung der Bussen.
4. Für die SP wie für die Allianz der Konsumentenschutzorganisationen ist es nicht nachvollziehbar, dass Futtermittel nicht dem Lebensmittelgesetz unterstellt sind. Sie sind zentral für die Produktion tierischer Produkte, sie sind aber auch Verursacher zahlreicher Lebensmittelskandale: BSE, Dioxin – von der Antibiotikaproblematik, welche die Kollegin Marina Carobbio angesprochen hat, gar nicht zu reden.
Diese Revision hat gute Ziele, sie ist aber unzureichend. Die SP-Fraktion wird in der Debatte deshalb etliche Verbesserungen beantragen. Sie ist aber für Eintreten auf dieses Geschäft und bittet Sie, den Nichteintretensantrag der Minderheit de Courten wie auch den Rückweisungsantrag der Minderheit Hess Lorenz abzulehnen.

Heim Bea (S, SO): Sie kennen sicher die Affiche bei verschiedenen Restaurants, die besagt „Hier essen Sie gut“. Die Frage ist nur, wo isst man sicher – bisher ein streng gehütetes Geheimnis der Gastronomie. Gammelfleischskandale und Lebensmittelvergiftungen lösen jeweils ein starkes Medienecho aus. Leider gibt es dann in gewissen Medien Titel wie „Grüselbeizen“. Diese Titel sind nicht selten zu lesen. Auch wenn es jeweils nur ein paar wenige Sünder sind, schaden sie der ganzen Branche. Sie bringen die Branche in Verruf. Endlich mehr Transparenz!, freute sich die Presse als die Kommission beschloss, dass Gäste das Recht haben sollen, die Ergebnisse der Lebensmittelkontrolle in Restaurants einzusehen. Nur, man stelle sich das ganz konkret vor: Da freut man sich auf ein festliches Nachtessen, die Kerze auf dem Tisch brennt schon, aber bevor Sie das Essen bestellen, verlangen Sie vom Wirt noch den Bericht der letzten Lebensmittelkontrolle. Wenn das kein Appetittöter ist! Ein Stimmungstöter ist es alleweil.
Was die Kommissionsmehrheit vorschlägt, ist ein Prinzip der Scheinöffentlichkeit. Warum wird die Schweizer Gastronomie hier nicht selber aktiv und kreativ? Wir meinen, die Restaurants sollen unaufgefordert und mit einem gewissen Stolz und Ehrgeiz dazu stehen, dass sie gut sind. Dänemark macht es vor. Dort zeigen Smileys bei den Lokalen an, beim Nobelrestaurant wie beim Asia-Shop, dass alles picobello ist. Der Kanton Zug macht ebenfalls sehr gute Erfahrungen mit seinem aktiven Öffentlichkeitsprinzip. Genau das verlangen auch der Kanton Basel-Stadt und die Allianz der Konsumentenschutzorganisationen. Bei den Zuger Restaurants bewährt es sich jedenfalls bestens. Keine Spur vom immer behaupteten öffentlichen Pranger. Im Gegenteil! Die Bescheinigung, aufgehängt und für alle sichtbar gemacht, ist die beste Werbung, fast wie Gault-Millau-Punkte oder Michelin-Sterne. Die kantonale Lebensmittelkontrolle hat festgestellt, dass die Zahl der nötigen Beanstandungen stark zurückgegangen ist. Warum also wehren sich die Wirte gegen die Transparenz, warum z. B. gegen Smileys im Eingangsbereich oder auf der Menükarte, einfach für den Gast gut sichtbar? Da braucht es keine Worte, sondern es ist eben sichtbar.
Sollte die Lebensmittelkontrolle mal etwas zu beanstanden haben, dann lässt sich das ja in kurzer Zeit korrigieren, und das Okay kann wieder offiziell erlangt werden. Die Kommissionsmehrheit will aber in Artikel 30 festlegen, die Lebensmittelbetriebe hätten den Konsumenten „auf Verlangen“ Einsicht zu gewähren. Wir beantragen Ihnen, dieses „auf Verlangen“ zu streichen. Es ist für die Gäste eine Zumutung, eine fast unhöflich hohe Hürde. Viel kundenfreundlicher wäre es zu schreiben: „Die Lebensmittelbetriebe gewähren den Konsumentinnen und Konsumenten Einsicht in die Bescheinigung …“ Damit ist es den Lebensmittelbetrieben freigestellt, in welcher Art, in welcher Form sie ihren Gästen anzeigen wollen, dass sie eben gut sind – ob mit einem Smiley im Aushang oder auf der Menükarte, oder vielleicht gibt es dazu noch kreativere Ideen.
Jedenfalls ist jede solche Idee viel freundlicher als diese Hürde. Wir sind überzeugt, dass das aktive und transparente Ausweisen der Sauberkeit und Qualität die beste Werbung für die Branche und den einzelnen Betrieb ist. Wir beantragen Ihnen deshalb, der Minderheit zuzustimmen. Es ist damit der Branche viel mehr gedient, als wenn wir für die Konsumentinnen und Konsumenten eine unzumutbare Hürde mit dem „auf Verlangen“ behalten. Ich würde sagen: Das ist fast wie eine Schikane – streichen Sie diese Schikane!

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