Heim Bea (S, SO): Nach der Bilanz von Herrn Glättli zu unserer gesetzgeberischen Tätigkeit – eine Bilanz, die ich teile – nun eine kurze Stellungnahme der SP-Fraktion zu den gestellten Anträgen:
Bei Artikel 35, Erhebung und Vorauszahlung von Gebühren, lehnt die SP-Fraktion den Antrag der Minderheit Brand ab. Wie die Kantone die Gebühren festlegen, fällt in den Bereich des kantonalen Rechts. Der Bund hat die Autonomie der Kantone, was die Gebührenhöhe betrifft, zu respektieren.
Bei Artikel 36 Absatz 5 zur Nichtigerklärung von Einbürgerungen als Sanktion unterstützt die SP-Fraktion den Antrag des Bundesrates, der vorsieht, dass nach der Nichtigerklärung einer Einbürgerung nach Ablauf von zwei Jahren ein neues Einbürgerungsgesuch gestellt werden kann. Dies unterstützen wir aus folgenden Überlegungen:
1. Zahlenmässig fällt dieser Punkt eigentlich nicht ins Gewicht. 2012 wurden 64 Nichtigerklärungen ausgesprochen. Es handelt sich also um Einzelfälle und nicht um ein Massenphänomen. Das spricht für die Seriosität der Arbeit unserer Behörden, die die Einbürgerungsgesuche prüfen.
2. Grund für eine Nichtigerklärung ist das Erschleichen des Bürgerrechts durch Falschangaben oder durch Verheimlichung erheblicher Tatsachen. Das soll sanktioniert werden, das ist klar. Man sanktioniert es auch: mit der Nichtigerklärung. Diese führt mit Blick auf den Aufenthalt zum Status quo ante und erstreckt sich sogar auf die ganze Familie. Wer nach einer solchen Sanktion wieder ein Gesuch um Einbürgerung stellt, auch wenn nur gerade zwei Jahre verflossen sind, kann sicher sein, dass sein Gesuch besonders kritisch geprüft wird. Das ist auch richtig so.
Die SP-Fraktion stimmt deshalb der Minderheit Glättli zu, das heisst dem Antrag des Bundesrates.
Zu Artikel 42; es geht um den Entzug des Bürgerrechtes, wenn das Verhalten einer Doppelbürgerin oder eines Doppelbürgers den Interessen und dem Ansehen der Schweiz zuwiderläuft: Hier lehnt unsere Fraktion den Minderheitsantrag Perrin ab. Dieser verlangt den Entzug des Bürgerrechtes, wenn er oder sie innerhalb von acht Jahren nach erfolgter Einbürgerung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird. Damit würden eigentlich zweierlei Recht und zwei Arten von Schweizerinnen und Schweizern geschaffen: Es gäbe einerseits ein Bürgerrecht auf Probe für jene, die aufgrund eines Gesuches eingebürgert wurden, während die 700 000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, die meistens Doppelbürgerinnen und Doppelbürger sind, trotz gleichen Delikten ihr Bürgerrecht dann behalten könnten. Eine solche Bestimmung wäre mit dem Rechtsgleichheitsgebot unserer Verfassung nicht vereinbar. Zudem, wer tatsächlich ungute Absichten hat, könnte sich dieser Sanktion ja einfach so entziehen, indem er oder sie auf das zweite, auf das ausländische Bürgerrecht verzichtet.
Wir lehnen Sanktionen in Form undifferenzierter Automatismen generell ab, weil sie dem juristischen Grundsatz der Einzelfallbeurteilung widersprechen.
Heim Bea (S, SO): Entgegen den Äusserungen von Kollege Joder ist die SP-Fraktion entschieden der Meinung, dass der Erwerb des Schweizer Bürgerrechts generell ein Verwaltungsakt sein soll; dies aus Gründen der Rechtssicherheit, der Chancengleichheit und der Sachlichkeit bei der Einbürgerung. Wir sind überzeugt, dass ein solches Verfahren besser geeignet ist, die Grundrechte wie das Willkür- und Diskriminierungsverbot zu gewährleisten. Dazu ein Beispiel, das wir in der Kommission gehört haben:
An einer Gemeindeversammlung wurde die Einbürgerung einer Familie abgelehnt, weil eine Woche zuvor ein Mann, der aus demselben Land stammte, eine Straftat begangen hatte. Die Diskussion an der Gemeindeversammlung drehte sich dann bald nicht mehr um das konkrete Einbürgerungsgesuch der Familie, sondern um die angeblich erhöhte Kriminalität von Leuten aus jenem Land – ein Pauschalurteil. Am Schluss obsiegte der Antrag, generell alle Gesuche von Leuten aus diesem Land X abzulehnen. Das ist ein Entscheid, der das Diskriminierungs- und Willkürverbot verletzt, was dann auch das Gericht festgestellt hat.
Sicher ist die Möglichkeit, dagegen Beschwerde zu erheben, ein Schutz gegen Willkür und Diskriminierung. Es ist aber mit Sicherheit ein schlechter Start, als neue Schweizerin oder neuer Schweizer sich so das Bürgerrecht gegen die Meinung der Mehrheit einer Gemeindeversammlung erkämpfen zu müssen. Bei allem Respekt vor demokratischen Entscheiden – dieser Fall illustriert, dass Einbürgerungen an der Gemeindeversammlung das Risiko bergen, rechtsstaatliche Grundsätze zu verletzen. Es ist eben ein Unterschied, ob über Finanzen bzw. Sachthemen entschieden wird oder über das Schicksal einzelner Menschen.
Wir wollen die Versachlichung der Einbürgerung nach einheitlichen Kriterien. Aus diesem Grund beantragt bei Artikel 15 die Minderheit I (Amarelle), die Einbürgerung als Verwaltungsakt im Gesetz zu verankern. Gemäss Antrag der Minderheit II (Tschümperlin) wird die Festlegung des Verfahrens in Kanton und Gemeinden dem kantonalen Recht überlassen; dies nicht zuletzt im Wissen und in der Gewissheit, dass immer mehr Kantone künftig zum Verwaltungsakt wechseln werden.
Darum kann Absatz 2 von Artikel 16 gestrichen werden. Die Pflicht der Begründung der Ablehnung eines Einbürgerungsgesuchs an einer Gemeindeversammlung bleibt bestehen, weil sie in Artikel 16 Absatz 1 festgehalten ist.
Zu Artikel 17, Schutz der Privatsphäre: Es ist die Frage, welche Daten die Stimmenden an der Gemeindeversammlung für ihren Einbürgerungsentscheid brauchen. Sie haben vorhin gehört, dass selbst die Angabe der Staatszugehörigkeit in einer aufgeheizten Stimmung diskriminierenden Entscheiden Vorschub leisten kann. Darum unterstützt die SP-Fraktion den Antrag der Minderheit I (Glättli) auf Streichen der Angabe der Staatszugehörigkeit.
Den Antrag der Minderheit III (Fehr Hans) auf Angabe der Religionszugehörigkeit lehnen wir entschieden ab. Religion ist Privatsache und darum kein Integrationskriterium. Entscheidend ist vielmehr, ob die Ausübung der Religion problematisch ist; dies seriös zu prüfen ist Sache der Einbürgerungskommission und gehört sicher nicht an eine Gemeindeversammlung.
Zu Artikel 18, Aufenthaltsdauer: Was die Voraussetzung der Wohnfristen betrifft, begrüsst die SP eine Harmonisierung unter den Kantonen, die Festlegung einer einheitlichen Minimaldauer. Wir wollen auf der einen Seite sicher keinen Einbürgerungstourismus, wir wollen aber auf der anderen Seite bei der heute geforderten Arbeitsmobilität diesen Leuten, die entsprechend handeln, nicht Steine in den Weg legen. Der Antrag der Mehrheit sieht einen Spielraum von drei bis fünf Jahren vor und widerspricht damit dem Ziel der Harmonisierung. Das ist auch beim Antrag der Minderheit II (Fluri) der Fall. Wir lehnen beide Anträge ab. Eine gewisse Verbundenheit mit dem Kanton und der Gemeinde ist eine Grundvoraussetzung für die Integration. Wir sind der Meinung, dass dafür drei Jahre genügen.
Die SP-Fraktion unterstützt darum den Antrag der Minderheit I (Schenker Silvia) und damit den Entwurf des Bundesrates.