Heim Bea (S, SO): Ich spreche im Namen der SP-Fraktion zu den Tessiner Standesinitiativen.
Sie können unschwer erraten, dass die SP zu dieser Initiative betreffend Anhebung der Bundesratsmitglieder von 7 auf 9 Ja sagt, denn sie zeigt zwei wesentliche Aspekte in aller Deutlichkeit: Die Bevölkerung erwartet Reformen, erwartet eine Stärkung der Gouvernanz, eine Stärkung des Zusammenhaltes des Landes in seiner regionalen Vielfalt, und das wollen wir und das sollten ja eigentlich alle wollen. Die SP ist darum schon lange für eine Aufstockung der Zahl der Bundesrätinnen und Bundesräte, und der Ständerat ja eigentlich auch: Er hat dies schon 2003 vorgeschlagen. Das oft gebrauchte Argument, eine Erhöhung der Zahl der Bundesrätinnen und Bundesräte provoziere eine Strapazierung des Kollegialitätsprinzips, erachten wir als vorgeschoben und wenig weitsichtig, denn auch und gerade für die Schweiz nehmen die internationalen Herausforderungen laufend zu. Aber in einer Situation der Überforderung handlungsfähig und funktionstüchtig zu bleiben, ist ein schwieriges Ding. Darum braucht es eine Stärkung der Bundesregierung.
Die zweite Standesinitiative des Kantons Tessin zeigt, dass sich diese Region nicht wohlfühlt, sondern irgendwie an den Rand gedrängt fühlt. Das ist auch verständlich, denn die Chancen dieses Kantons, im Wettstreit mit anderen Kantonen einen Sitz im Bundesrat zu erhalten, sind kleiner geworden. Ein Grund dafür liegt in der Veränderung der Parteienlandschaft. Mit anderen Worten: Hier fühlt sich ein wesentlicher Teil der Schweiz aus strukturellen Gründen wie ausgeschlossen. Auch das sollten wir ernst nehmen. Wir können nicht einfach nur sagen: Wir lieben das Tessin! Es braucht mehr als diese Liebe: Es braucht einen Respekt, eine Achtung, es braucht das Bewusstsein, dass wir alle froh sein können, um diese wichtige Region. Mit ihrem Rückweisungsantrag zur Regierungsreform 1 und 2 wollte die SP-Fraktion eben genau, dass solche wesentlichen strukturellen Fragen im Interesse des Zusammenhaltes des Landes überdacht werden.
Dass die SP in der Staatspolitischen Kommission die zweite Tessiner Initiative dennoch abgelehnt hat, liegt daran, dass der Vorschlag so konkret, wie er eben vorliegt, problematisch ist. Die Initiative fordert eine ausgewogenere Vertretung der Landesgegenden und Sprachregionen in der Bundesregierung – ein zentrales Anliegen. Sie will dabei die Schweiz in sieben Regionen aufteilen, so wie es das Bundesamt für Statistik halt für seine Zwecke tut. Das entspricht aber unseres Erachtens nicht der realen, nicht der gefühlten Lebenswelt. Wir können historisch Gewachsenem nicht einfach abstrakte Modelle aufpfropfen, sondern müssen sorgfältiger gestalten. Es dürfte mehr als heikel sein, die Begriffe der Landesgegend und der Sprachregion einfach einzuführen und diese dann erst auf Gesetzesebene zu klären. Kurz, die SP sagt Ja zur Initiative des Tessins zur Anhebung der Zahl der Bundesratsmitglieder von sieben auf neun. Bei der zweiten Initiative werden wir vermutlich nicht ganz einheitlich stimmen.
Erlauben Sie mir noch ein Wort zu den Vorlagen 4 und 5: Die Idee eines zweijährigen Bundespräsidiums lehnt die SP ab. Diese Idee könnte dazu führen, dass gewisse Parteien über längere Zeit keinen Zugang zu diesem hohen Amt finden würden. Das wäre ein Demokratieverlust, das wollen wir nicht.
Wir sind darum für Nichteintreten auf diese beiden Vorlagen, wohl aber für Eintreten auf die Tessiner Initiative zur Aufstockung der Anzahl der Bundesräte und Bundesrätinnen. Machen wir uns deshalb gemeinsam an die Weiterarbeit und an die Realisierung dieses wichtigen Anliegens.