Acta ad acta?

  • 24. März 2012
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Acta ad acta?

Sie haben noch nie von Acta, dem Anti-Produktefälschungs-Handelsabkommen, gehört? Damit sind sie nicht allein und das ist wohl auch so gewollt. Acta, ein Handelsabkommen gegen Produktpiraterie, ist der Versuch, das Urheberrecht weltweit massiv einzuschränken.

Nun sind die brisanten Absichten der Politiker und Lobbyisten aber doch durchgesickert. Wenn Acta scheitert, dann darum, weil es von Beginn weg ein Geheimprojekt der mächtigen Unterhaltungs- und Pharmaindustrie sowie einiger Industriestaaten war. Sämtliche Verhandlungen verliefen nicht nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit, sondern auch unter Ausschluss der eigentlich für Urheberrechtsfragen zuständigen Organisationen wie der Weltorganisation für geistiges Eigentum oder der Welthandelsorganisation. Die rechtsstaatlichen Wege wurden ausgehebelt, demokratische Kontrollen ignoriert. «Still und heimlich», das haben die Acta-Verantwortlichen nicht erkannt, funktioniert aber heute nicht mehr. So etwas lässt sich die Internetgeneration nicht gefallen. Dank der weltweiten Vernetzung formiert sie sich schnell zum gemeinsamen Widerstand. Nach den breiten Demonstrationswellen haben zahlreiche Regierungen beschlossen, das Abkommen nicht umzusetzen, ihre Unterschriften zurückzuziehen. Der Bundesrat plant hingegen weiterhin, Acta zu unterzeichnen. Dabei gibt es gewichtige Gründe, dies nicht zu tun.

Die Verhandlungen über Acta wurden 2008 aufgenommen, just zu dem Zeitpunkt als die Schweiz ein revidiertes Urheberrechtsgesetz in Kraft setzte. Trotzdem, oder auch gerade darum, war die Schweiz in der Aushandlung von Acta eine treibende Kraft bei der Ausarbeitung des Handelsabkommens, das weltweit eine Verschärfung des Urheberrechts beabsichtigt.

Erste Entwürfe sahen vor, Internetprovider wie Swisscom und Telekom für Urheberrechtsverletzungen ihrer Kundschaft verantwortlich zu machen. Dies hätte zu einer ständigen Bespitzelung und Überwachung des Internets und dessen User geführt. Ja, sie hätten fehlbare Benutzer vom Internetzugang ausschliessen können. Nur, Provider sind doch keine «Richter». Was nun als Endfassung vorliegt ist ein Abkommen voller Unklarheiten. Wie es schliesslich umgesetzt werden soll, steht in den Verhandlungsprotokollen und diese sind geheim. Die Absicht, die hinter Acta steckt, ist dafür umso deutlicher: Das Urheberrecht im digitalen Zeitalter soll eingeschränkt werden. Innovative Regelungen, die den Interessen der Urheber und der Konsumenten Rechnung tragen, sollen verhindert werden. Damit kommt Acta einem Denkverbot gleich.

Acta kommt ausschliesslich den Inhabern von Urheberrechten entgegen, das heisst der Musikindustrie und den Medienkonzernen, nicht aber den Urhebern selber. Das Abkommen kann zudem die Menschen in armen Ländern treffen, die auf günstige Generikamedikamente angewiesen sind. So sind Generika in der Regel ähnlich verpackt und bezeichnet, wie das Ausgangsmedikament. Ginge es nach Acta, dürften aber Güter, die nur schon ähnlich aussehen wie Markenprodukte, die Zölle nicht mehr passieren. Damit würde der Zugang der weltweit ärmsten Bevölkerung zu dringend benötigten Medikamenten weiter eingeschränkt. Acta gibt vor, Fälschungen im Arzneimittelhandel zu bekämpfen. Über den Schutz des Urheberrechts ist das kaum möglich. Dazu braucht es vielmehr wirksame Qualitätskontrollen.

Kein Zweifel, die Rechte der Urheber müssen geschützt werden. Gerade wir haben ein grosses Interesse, die vielen Schweizer Innovationen und Patente wirksam gegen Missbrauch und Fälschungen zu schützen. Auch Musiker, Schriftsteller und Filmemacher dürfen nicht um die Früchte ihres geistigen Eigentums gebracht werden. Gleichzeitig sind die Interessen der User zu schützen, die freie Internet-Zugänglichkeit, die Meinungs- und die Informationsfreiheit. Die Debatte darüber, welche Richtung wir für ein zeitgemässes Urheberrecht einschlagen wollen, ist eröffnet. Sie muss öffentlich stattfinden. Es gilt, das Urheberrecht dem digitalen Zeitalter so anzupassen, dass Urheber und Rechteinhaber wirksam geschützt werden, ohne dass die legitimen Interessen der Konsumenten und die freie Nutzung des Internets Schaden nehmen.

Von offizieller Seite hören wir, Acta stelle für die Schweiz kein Problem dar, denn zur Umsetzung seien keine Gesetzesänderungen nötig. Das Problem aber ist, dass die Umsetzung des aktuellen Acta-Abkommens jegliche fortschrittliche Regelung im Urheberrecht verhindern würde – und das kann nicht das Ziel sein.

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