Brüste(n) mit Qualität!

  • 12. Februar 2012
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Brüste(n) mit Qualität!

Neujahr – die Redaktion von 24heures ruft an. Was ich zur PIP-Geschichte sage, will sie wissen, zur Geschichte mit den Brustimplantaten. Klar, ein Skandal, aber nicht der erste. Schon 1999 nahm man Brustimplantate wegen möglicher toxischer Abbauprodukte des Füllmaterials vom Markt. „Busenrückruf“ titelte eine Internetseite, „jedes vierte Soja-Implantat nach wenigen Jahren defekt“.

Schon früher erwiesen sich Füllungen von Implantaten als problematisch. Mit verschmutzten Hüftgelenken schrieb um das Jahr 2000 Sulzer Medica in Amerika negative Schlagzeilen. Die Folge, wegen schadhafter Hüftgelenke und Schienbeinplatten mussten 2500 Patienten nochmals auf den Operationstisch. Vermutlich wurden sehr viel mehr Leute ein zweites Mal operiert. „Künstliche Hüften brechen, fehlerhafte Knie- und Hüftprothesen trotz CE-Zertifikat“ meldete diese Tage der Sender 3sat. – Menschen als Versuchskaninchen – sie zahlen den Schaden mit ihrer Gesundheit und wir mit höheren Krankenkassenprämien.
Die PIP-Geschichte ist eine Frage der Patientensicherheit, der Qualitätssicherung bei medizinischen Implantaten.
Für Arzneimittel sieht das Schweizer Heilmittelgesetz eine fundierte Zulassungsprüfung vor. Medizinprodukte, wie Implantate, hingegen werden in der Schweiz „nicht behördlich zugelassen“ (Zitat K. Mathys Swissmedic)
Vielmehr zählt man auf
a) „Die Selbstverantwortung der Hersteller und Vertreiber“ ( Jürg Rieben, Bern “Heilmittelzulassungen in der Schweiz“)
b) „die europäische Regelung wonach CE-gekennzeichnete Medizinprodukte auch in der Schweiz marktfähig sind.“ (Karoline Mathys, swissmedic)
Mit welcher Prüfung erhalten Implantate das CE-Siegel für die europäische Zulassung? Im Fall der Brustimplantate erteilte das Gütesiegel der Tüv. Er sagt: „Für das CE-Siegel müssen wir keine Produktüberprüfung im Labor durchführen, nur die Produktunterlagen der Hersteller prüfen.“ –
Mit so laschen Regeln lässt sich die Qualität eines Implantates kaum seriös prüfen, geschweige denn einem Betrug, wie im jüngsten Fall zu vermuten, auf die Spur kommen. – Selbst die Schweizer Handelsförderung OSEC schreibt: „ Die CE-Kennzeichnung ist kein Qualitätssiegel!“
Medizinprodukte müssen besser auf ihre Qualität kontrolliert werden! Das fordert der Chef des Kölner Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen und auch ich in einer Motion. Angesichts der grossen Zahl von Medizinprodukten ist der Fokus auf Implantate höherer Risikoklasse zu legen, auf Herzschrittmacher, Stimulatoren usw.. Sie müssen vor der Zulassung wie Arzneimittel gründlich mit medizinischen Studien geprüft werden. Verstösst die Schweiz damit gegen die Bilateralen Verträge mit der EU? Ich meine, wenn Deutschland bessere Qualitätsprüfungen fordert, muss es, Verträge hin oder her, auch für die Schweiz eine Lösung geben, z.B. indem die Kassenzulässigkeit an eine vertiefte Prüfung geknüpft wird. Zudem ist ein Schweizer Qualitätslabel für unsere Medizinprodukte auch international von Vorteil.
Swissmedic konzentriert sich auf die Marktüberwachung. Umso wichtiger ist es, dass professionelle Anwender der gesetzlichen Meldepflicht betr. Implantate nachkommen. In der Ärztezeitung kritisiert Andreas Schlegel: „Anwender vernachlässigen Meldungen zu Implantaten“. Krass sei die Situation bei „aktiven Implantaten“. Was ist zu tun? Spitäler oder Fachgesellschaften sollten Implantatregister führen und diese im Jahresbericht publizieren. Selbst die Schweizer Branchenorganisation Medtech erachtet Register wie das geplante „SIRIS für Kunstgelenke“ als wertvolles Instrument der Qualitätssicherung. Heute gibt es erst wenige Register. Sie beruhen aber auf der Freiwilligkeit der Meldungen, was ihre Qualität von vorneherein relativiert. Die Registerpflicht wie sie meine zweite Motion fordert, ist die dringend nötige fachmedizinische Ergänzung der heutigen Swissmedic-Marktüberwachung. Die Patienten wollen und brauchen mehr Sicherheit. Qualität zahlt sich aus, für die Patienten, wie für die Prämienzahlenden und auch für die Medizinalproduktehersteller.

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