Heim Bea (S, SO): Nur selten ist die Staatspolitische Kommission so einig wie hier beim Thema Zwangsheirat; hier ist sie es ganz klar. Auch wir von der SP-Fraktion unterstützen die Botschaft des Gesetzes mit voller Überzeugung: Zwangsheiraten gilt es zu verhindern, die Opfer gilt es zu unterstützen und in ihren Grundrechten zu schützen. Die Zwangsheirat, eine Realität in der Schweiz, ist mit unseren Werten unvereinbar. Die Zwangsheirat missachtet und verletzt das Menschenrecht der Selbstbestimmung. Sie ist Ausdruck inakzeptabler, patriarchaler Strukturen und geht oft mit Gewalt physischer und psychischer Art einher. Die Zwangsheirat bedroht und zerstört das Leben vieler junger Mädchen und Frauen, die bei uns leben. Wir sind also verpflichtet zu handeln.
Zwangsehen und Ehen mit Minderjährigen sind ungültig zu erklären, auch wenn sie im Ausland geschlossen wurden. Dasselbe soll auch für Partnerschaften gelten. Die SP befürwortet die Verschärfung im strafrechtlichen Rahmen, indem die Zwangsheirat ausdrücklich unter Strafe gestellt wird. Wir befürworten auch die Verpflichtung der Zivilstandsbeamten zur Strafanzeige, wenn Verdacht auf eine Zwangsehe besteht. Die Meldung vor zwei Tagen im „Tages-Anzeiger“, wonach immer mehr Frauen und Mädchen zwischen 14 und 20 Jahren Zuflucht suchen, zum Beispiel im Mädchenhaus in Zürich, zeigt, dass eine Emanzipation von den patriarchalischen Strukturen eingesetzt hat. Ich bin überzeugt, dass dies mit der Integrations- und Aufklärungsarbeit in unseren Schulen, in Integrationskursen und in Migrantinnen- und Migrantenvereinen zu tun hat. Klar ist ebenfalls, dass es mehr Zufluchtsorte für Mädchen, Frauen und Männer braucht, als zurzeit vorhanden sind. Ganz zentral für die SP ist, dass Beratung und Schutz für die Betroffenen in dieser Vorlage gut verankert werden. Wir unterstützen die Minderheit Streiff bei allen Artikeln. Wichtig ist der SP zudem das Rückkehrrecht für Opfer von Zwangsheiraten, wie es Deutschland kennt. Man stelle sich die Situation Betroffener vor, die während der Ferien im Herkunftsland der Familie unter Druck verheiratet und nicht mehr in die Schweiz zurückgelassen werden. Ohne Schweizer Bürgerrecht verlieren sie nach 6 Monaten ihr Aufenthalts- und Niederlassungsrecht.
Das kann selbst junge Menschen, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen sind, treffen. Die SP-Fraktion verlangt darum ein Rückkehrrecht im Sinne des Opferschutzes, ein Rückkehrrecht von fünf Jahren.
Den Antrag der Minderheit Geissbühler, das Mindestalter für die Eheschliessung für Ausländerinnen und Ausländer auf 21 Jahre anzuheben, lehnen wir ab. Wir sind für Gleichstellung, für ein Mündigkeitsalter nach Schweizer Recht, und das sind 18 Jahre.
Was die Stellvertreterehe anbelangt, so kritisch wir ihr gegenüber eingestellt sind, gibt es Argumente aus dem internationalen Kontext, welche die SP-Fraktion veranlassen, den Antrag der Minderheit Geissbühler abzulehnen.
Ich fasse zusammen: Die Schweiz ist kein Pionierland in der Bekämpfung des Phänomens Zwangsheirat – im Gegenteil, dieses Gesetz ist überfällig. Wir wissen zu wenig über das Ausmass und über die Hintergründe. Darum ist es der SP-Fraktion ein Anliegen, dass der Bund eine fundierte Untersuchung macht und ein zweites Massnahmenpaket zur weiteren wirksamen Hilfe für Betroffene von Zwangsheiraten ins Auge fasst, wie das Andy Tschümperlin verlangt.
Insgesamt wird die SP-Fraktion diesem Gesetz zustimmen.