Heim Bea (S, SO): Der Entwurf des Bundesrates, der Beschluss des Ständerates, die Minderheit Darbellay, sie wollen den Ausgleich der Währungsverluste im Regionalverkehr, und die SP begrüsst diese Massnahme. Es ist eine gezielte Massnahme.
Im Regionalverkehr operieren Unternehmen zum Teil mit sehr starkem touristischem Engagement, das sind zum Beispiel die Rhätische Bahn, die Matterhorn Gotthard Bahn oder die Montreux-Berner-Oberland-Bahn. Bei ihnen wirkt sich der Verlust von Gästen aus dem EU- und Dollarraum unmittelbar und deutlich aus. Bisher vorgenommene Quantifizierungen gehen von Verkehrsertragsverlusten von 5 Prozent für das Jahr 2011 aus.
Die betroffenen Regionalverkehrsunternehmen können diese Ertragsverluste kommerziell nicht ausgleichen. Es ist ihnen gemäss dem Personenbeförderungsgesetz, anders als touristischen Seilbahnen, nicht möglich, in guten Zeiten Gewinne zu bilden, Reserven, die sie im Krisenfall dann auflösen. Es ist ihnen nicht nur nicht möglich, sondern nicht erlaubt. Unternehmen des regionalen Personenverkehrs vereinbaren mit Bund und Kantonen zwei Jahre vorher die Abgeltungen auf einem ausgehandelten Budget, aufgrund von entsprechenden Fahrgasterwartungen, und wenn die Zahl der Fahrgäste dann einbricht, ergibt sich der Verlust. In den letzten Jahren wurde sehr vorsichtig budgetiert, und das rächt sich jetzt. Das wirkt sich so aus, dass die Unternehmen Rollmaterialkäufe zurückstellen, Unterhaltsarbeiten reduzieren müssen.
Die Ausfälle durch den tiefen Wert des Euros und des Dollars betreffen in erster Linie den Rückgang der Nachfrage, und in zweiter Linie betreffen sie Tour-Operating-Verträge für Gruppenreisen, die in Euro, Pfund oder Dollar abgeschlossen wurden. In diesem Fall sind nicht nur europäische und amerikanische Gäste betroffen, sondern auch asiatische Gruppen, welche in Dollar abrechnen.
Mit anderen Worten: Der Ausgleich der Währungsverluste für den Regionalverkehr in touristischen Bereichen ist schlicht notwendig, ist gezielt, ist richtig für die Bahnen, richtig für den Tourismus, und ich bitte Sie deshalb, dem Antrag des Bundesrates respektive der Minderheit Darbellay zuzustimmen.
Nun komme ich natürlich auch zum alpenquerenden Güterverkehr. Hier geht es um die Währungsverluste im Transitgüterverkehr.
Die Verlagerung des Transitgüterverkehrs ist ein Verfassungsziel. Das Erreichen dieses ambitionierten Ziels ist aber einmal mehr infrage gestellt; diesmal durch Währungsspekulationen auf den Franken. Wann immer Ende 2010 und im ganzen bisherigen Jahr 2011 Schweizer Eisenbahnunternehmen wie SBB Cargo, BLS Cargo oder Crossrail Leistungen im Ausland verkauft haben, wurden und werden sie in schwachen Euros bezahlt. Beispiel: Ein Schweizer Bahn-Cargo-Unternehmen schleppt für einen belgischen Operator im Jahr 2011 2800 Güterzüge durch die Alpen nach Italien. Bei Vertragsabschluss lag der Wechselkurs bei Fr. 1.35; bis Ende Jahr ist wegen des im Schnitt viel tieferen Wechselkurses allein durch diesen Auftrag ein Verlust von 2 bis 2,5 Millionen Franken zu erwarten; dies weil das Cargo-Unternehmen Löhne, Trassen und Maschinenkosten in Franken bezahlt.
Bliebe volkswirtschaftlich die Möglichkeit, dass die Schweizer Unternehmen keine neuen Aufträge mehr einholen, schliesslich gibt es auch ausländische Bahnunternehmen, welche Züge durch den Gotthard führen können und ihre Lokführer dann in Euros bezahlen. Kurzfristig wären die ausländischen Konkurrenten wie die Deutsche Bahn aber kaum in der Lage, die Tonnagen der Schweizer Unternehmen, die am Gotthard und Lötschberg Marktführer sind, zu übernehmen. Wenn sie es mit einer Verzögerung wären, stellte sich die Frage: Ist es richtig, vor allem die SBB und BLS, die sowieso schon mit minimalen Margen fahren müssen, im strömenden Regen der Währungsspekulation stehen- bzw. halten zu lassen?
Langfristig wäre die Verlagerung auch mit rein ausländischen Eisenbahnunternehmen denkbar. Ihre Besitzer, etwa der deutsche Staat bei der DB, fühlen sich dem Verlagerungsziel allerdings in keiner Weise verpflichtet, wie etwa die Verzögerungen beim Ausbau der Rheintalstrecke zeigen. Will die Schweiz also die Verlagerung realisieren, muss sie ein Interesse am Überleben der eigenen Schienengüterverkehrsunternehmen haben. Die SBB Cargo als stärkstes dieser Unternehmen beispielsweise kann die Währungsverluste nicht aus früheren Gewinnen bezahlen. Die nur minimal oder überhaupt nicht abgegoltenen Leistungen im Binnen-, Export- oder Importschienengüterverkehr belasten die SBB-Cargo-Rechnungen seit Jahren mit roten Zahlen.
In dieser geradezu existenziellen Notsituation zertrümmerten die Währungsspekulationen nun auch noch die bescheidenen Gewinne im Transitgeschäft. Im Sinne der Weiterexistenz der nationalen Schienen-Cargo-Unternehmen und im Sinne der Verlagerung sind die Währungshilfsgelder für den Cargo-Bereich unabdingbar. Der vom Bundesrat ins Auge gefasste Finanzrahmen entspricht ungefähr der Summe der für Ende 2011 zu erwartenden Defizite aus dem Transitgeschäft der Schweizer Carriers.
Ich bitte Sie im Namen der SP-Fraktion, der Minderheit Darbellay und damit dem Bundesrat zuzustimmen.