«Es chunnt cho wähle», sagte jeweils Hans Derendinger, der legendäre Stadtpräsident von Olten, wenn sich die Parteien in hektischem Aktivismus gegenseitig zu überbieten versuchten. – Am meisten gefragt wäre im Moment ein Mittel, die Schweizer Exportindustrie aus dem Franken-Desaster zu erlösen. In einem Punkt nur sind sich fast alle einig: Die Schweizer Nationalbank muss entschiedener handeln.
Dann aber scheiden sich die Geister. Der Spekulation endlich den Riegel zu schieben, die den Frankenkurs in die Höhe treibt, scheint für die Bürgerlichen kein Thema zu sein. Stattdessen fordern sie – einmal mehr – Steuersenkungen, was selbst in Wirtschaftskreisen Kopfschütteln auslöst. – Jetzt ist es am Staat, gezielt die Industrie im Land zu stärken, die soziale Stabilität zu sichern und mit einer Exportrisikogarantie Währungsrisiken abzufedern. Die Banken sind in die Pflicht zu nehmen, Unternehmen nicht mit Zinserhöhungen zu schröpfen.
Der Staat ist gefordert. Dies gilt auch für das Gesundheitswesen, besonders im Bereich der Spitexdienste und der häuslichen Pflege. Lange Jahre mussten pflegende Angehörige auf Anerkennung warten. Jetzt, vor den Wahlen, verspricht die bürgerliche Mitte-Partei, jene Menschen zu entlasten, die ihre betagten oder kranken Verwandten betreuen. Sie erbringen im Stillen eine enorme Leistung, jahrein, jahraus, fast unbeachtet. Dies verdient Unterstützung, damit Pflegende nicht über kurz oder lang selbst zu Pflegefällen werden. Pflegende Angehörige, Töchter, Söhne, Partner und Schwiegertöchter, machen es möglich, dass kranke, behinderte Kinder oder betagte Menschen daheim in der Familie gepflegt werden können. Dieser Einsatz erspart der Allgemeinheit Milliarden an Sozial- und Gesundheitskosten. Aber, die Pflege und Betreuung fordert von vielen Angehörigen mehr, als sie verkraften können. Was ihnen fehlt, sind bezahlbare Entlastungsangebote, Möglichkeiten für eine Auszeit oder eine Ablösung. Es braucht ein kantonales Konzept für die ambulante Versorgung Pflegebedürftiger durch Spitex-Dienste, verbunden mit Entlastungsmöglichkeiten für die Familie, umso mehr, als die neue Spitalfinanzierung mit Fallpauschalen, die Spitalaufenthalte verkürzt und die Pflege daheim umso nötiger macht. Die Einführung der DRG ist mit erheblichen Risiken verbunden, die es abzufedern gilt.
Am 3. September ist nationaler Spitextag. «Bestens betreut in gewohnter Umgebung» – so wirbt der Dachverband Spitex Schweiz. Schön! Aber eigentlich braucht die Spitex keine Werbung. Sie wirbt für sich selbst mit guter Pflege und freundlichem Personal. Spitex schenkt Pflegebedürftigen Lebensqualität und den Angehörigen Sicherheit – und sie spart enorme Summen an Spitalkosten. Im Klartext: Ohne Spitex würde unsere Gesundheitsversorgung zusammenbrechen. Die neue Spitalfinanzierung, die am 1. Januar 2012 in Kraft tritt, macht die Spitex zum eigentlichen Eckpfeiler der Gesundheitsversorgung. Haben alle Regionen ein ausreichendes Spitex-Angebot? Bereits klagen Gemeinden über Mehrkosten. Denn jetzt heisst es, den 24-Stunden-Bereitschaftsdienst, auch übers Wochenende, sicherzustellen. Dazu braucht es mehr Personal. Aber wer soll die Kosten übernehmen? Die Gemeinden, wie bisher? Wo sind die politischen Vorgaben zur Sicherung eines bedarfsgerechten Spitex-Angebotes, wo ist das Konzept zur Entlastung pflegender Angehöriger?
Spitex und Angehörige sind aufeinander angewiesen – sie bilden ein Tandem, ihr gemeinsames Ziel ist die optimale Betreuung pflegebedürftiger Menschen. Das muss das Ziel von uns allen sein – auch der Politik, und zwar nicht nur vor den Wahlen!