«Liebe Ofenbauer, sprechen Sie bitte mehr über Holzheizungen!»

  • 17. August 2011
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«Liebe Ofenbauer, sprechen Sie bitte mehr über Holzheizungen!»

Grosses Interview im Fachmagzin „HP“: Bea Heim ist nicht erst seit Fukushima gegen die Atomenergie: Sie setzt sich unermüdlich für die Entwicklung und Nutzung von erneuerbaren Energie ein. Für die Energiewende ist die Kombination Sonne/Holz ein wichtiges Standbein.

Frau Heim, warum ist die Kombination Sonne und Holz ideal für die Erzeugung von Wärme im Haus und für die Aufbereitung von Warmwasser?
In einem gut isolierten Haus liefern Sonnenkollektoren und eine Kleinholzfeuerung genug Energie für eine gemütliche Raumwärme und für die Aufbereitung von Warmwasser. Die Sonnenenergie steht uns gratis und in unerschöpflicher Menge zur Verfügung und in unseren Wäldern fällt jedes Jahr eine grosse Menge Holz an, die wir vor Ort nutzen können. Dieses Holz kann CO2neutral zur Wärmeerzeugung genutzt werden. Sowohl der Bau von Sonnenkollektoren wie auch die Nutzung von Holz bringen Arbeitsplätze in die Regionen.

Warum setzen Sie sich für erneuerbare Energie ein?
Schon Tschernobyl und nun diesen Frühling leider die dramatischen Ereignisse in Fukushima zeigen uns doch klar, dass das sogenannte Restrisiko nicht zu verantworten ist. Bedenklich ist, dass auch die Atomkraftwerke in der Schweiz gravierende Mängel aufweisen. Ich möchte einen persönlichen Beitrag leisten, damit wir uns  von der veralteten Atomenergie verabschieden und konsequent auf erneuerbare Energien setzen.

Können wir es uns denn leisten auf die Atomenergie zu verzichten?
Ja, ganz bestimmt. Der Atomstrom wird in der Zukunft nicht so billig sein, wie immer behauptet wird. Viel Energie verpufft in die Luft und ins Abwasser, nur etwa ein Drittel wird als Strom genutzt. Zudem geht in unserem veralteten Stromnetz nochmals etwa 5 Prozent Energie verloren. Wir müssen nicht nur unser Stromnetz erneuern, sondern weiter in die Sicherheit der noch laufenden AKW investieren. Beides hat enorme Kosten zur Folge. Zudem ist ja die Endlagerung immer noch nicht gelöst.

Haben Sie in der Juni-Session einen politischen Wandel im Nationalrat gegenüber erneuerbaren Energien aufgrund der Ereignisse in Japan festgestellt?
Eindeutig! Der kritiklose Glaube an die Atomtechnik und in die Kontrolle durch ein gut organisiertes Staatswesen, wie es Japan ist, wurde erschüttert. Es wurden Diskussionen möglich, wo vorher nur verhärtete Fronten bestanden. Mein Solothurner Ratskollege, Ständerat Rolf Büttiker, bisher ein vehementer Befürworter der Atomenergie, sprach kürzlich ein grosses Wort gelassen aus: «Wir haben bisher den Fehler gemacht, dass wir die Energiegewinnung durch erneuerbare Energien nicht voll ausgeschöpft haben. Das müssen wir ändern.» Das lässt doch tief blicken! Sie haben die Motion «Energiewende. Nutzung der Sonnenenergie» eingereicht. Was haben Sie mit dieser Motion erreicht? Mit der Motion wollte ich den Bundesrat beauftragen, die Nutzung der Sonnen- energie stärker voranzutreiben, in dem jährlich mindestens 100 zusätzliche Millionen Franken von der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) in die Förderung solarthermischer Anlagen investiert wird. Die Schweiz hat im Bereich der erneuerbaren Energien einen enormen Nachholbedarf. Mit finanziellen Anreizen und verstärkten Anstrengungen sollten Forschung und Investitionen dringend beschleunigt werden, damit die Energiewende möglichst rasch umgesetzt werden kann. Der Bundesrat empfahl die Ablehnung der Motion. Er begründete diese damit, dass er für die Neuausrichtung seiner Energiepolitik eine Reihe von Massnahmen prüfen lasse, die dazu beitragen, keines der bestehenden Atomkraftwerke am Ende seiner Betriebszeit zu ersetzen. Dazu gehört die Ausgestaltung der KEV wie auch Optionen zur effektiven Wirkungsverstärkung der erneuerbaren Energien. Das Parlament hat während der Session eine Erhöhung des KEV auf neun Rappen ab 2013 bereits beschlossen. Somit wird ein Teil meiner Anliegen vom Bundesrat berücksichtigt und mein Vorstoss hat sich quasi erübrigt.

Wenn von erneuerbaren Energien gesprochen wird, steht oft die Solarbranche im Mittelpunkt. Holz wird oft zu wenig beachtet. Warum ist das so?
Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht ist in den Köpfen eine Holzheizung und das Beschaffen von Holz und die Bedienung etwas was mit Arbeit und viel Aufwand verbunden ist. Die wenig differenzierten Berichte in den Medien über Feinstaub und Luftbelastung hat die Diskussion um die Holzheizungen verschärft. Tatsache ist, dass die Holzheizungstechnik in den letzten zwanzig Jahren grosse Fortschritte gemacht hat. Der Brennstoff ist CO2-neutral und die Anlagen müssen seit Einführung der Luftreinhalteverordnung strengen Vorschriften entsprechen. In Österreich ist das ganz anders. Dort werden die Holzheizungen, seien es Kleinholzspeicheröfen oder Grossanlagen von den Behörden und der Bevölkerung viel höher geschätzt und gewertet als in der Schweiz.

Auch in Ihrer Motion berücksichtigen Sie nur die Sonnenenergie. Haben Sie den einheimischen Energieträger Holz einfach vergessen?
Nein, keineswegs. Aber ich bin der Meinung, dass wir zuerst das enorme Potenzial der solarthermischen Energie nutzen sollten, damit all jenen das Maul gestopft wird, die nach wie vor behaupten, dass eine sichere Energieversorgung ohne AKWs in der Schweiz nicht möglich sei. Ich bin überzeugt, wenn wir beim Bau von Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern die Solarenergie, vor allem die Brauchwassererwärmung, fördern, vermehrt auch Kleinholzfeuerungen als Heizung zum Zuge kommen.

Wie kann sich der VHP und Holzenergie Schweiz politisch einsetzen, damit Holz als erneuerbare Energiequelle besser gefördert wird?
Sie sollten bei den zuständigen Stellen von Bund und Kanton vorsprechen und unermüdlich informieren, obwohl Ihnen nicht so viel Geld für Werbung und Lobbying zur Verfügung steht wie den Stromkonzernen. Ich möchte Sie auffordern, kreativ zu sein und die Leute direkt anzusprechen. Beispielsweise hatte ich letzthin einen Vortrag bei den Solarbauern. Dies ist eine Vereinigung von Landwirten, die ihre grossen Hausdächer mit Sonnenkollektoren ausrüsten, um einerseits damit ihre eigene Energie zu produzieren und andererseits Strom ins Netz zu verkaufen. Sie werden damit vom Landwirt auch zum Stromwirt. Eine Zusammenarbeit mit den Solarbauern könnte vielleicht auch für den VHP  interessant sein. Oder Sie nehmen vermehrt an Gewerbemessen teil, um Ihr Produkt und den Zusammenhang von Sonne/Holz zu präsentieren und die Leute zu informieren. Aus vielen Gesprächen weiss ich, dass Schweizerinnen und Schweizer daran interessiert sind, für sich selber die Energiewende herbeizuführen.

Was dürfen Ofenbauer keinesfalls verschlafen?
Ganz wichtig finde ich, politisch aktiv zu werden. Im Herbst sind Wahlen. Jeder Bürger, jede Bürgerin kann mitentscheiden, wer in Bern ihre Interessen vertritt. Es ist kein Geheimnis, welche Parteien und Politikerinnen und Politiker sich für erneuerbare Energien einsetzen und welche sich weiterhin in den Dienst der Atomstromgiganten stellen. Ich traue es den Ofenbauerinnen und Ofenbauern zu, sehr wohl unterscheiden zu können, wer von all den Kandidatinnen und Kandidaten sich auch nach den Wahlen noch für erneuerbare Energien stark machen wird und wer von ihnen sich nur aus wahltaktischen Gründen ein grünes Mäntelchen umgelegt hat.

Was sollte jedes VHP-Mitglied unternehmen, damit die Energiewende kommt?
Weiterbilden und  die Entwicklung auf dem Solarmarkt nicht verpassen. Bei einer Beratung gilt es, nicht nur die Vorteile einer Holzheizung vermitteln zu können, sondern auch Bescheid zu wissen über die Kombination mit Solarkollektoren. Etablieren Sie sich im Baumarkt als ausgewiesene Fachleute für die erneuerbaren Energien Sonne und Holz. Das bedeutet, es sollten genügend Fachleute zur Verfügung stehen und Geld und «Manpower» in die Ausbildung investiert werden. Sie muss absolute Priorität haben. Rühren Sie die Werbetrommel für die gemütlichste Raumwärme und positionieren Sie Holz als sauberen Energieträger. Informieren Sie die breite Öffentlichkeit über die neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen der Holzheizungstechnik. Dazu müsste eine enge Zusammenarbeit mit den Medien gesucht werden. Animieren Sie zufriedenen Kunden, ihre positive Erfahrung mit einer Holzheizung weiterzuerzählen. Mund zu Mund Werbung ist effektiv und glaubwürdig. Kurz, machen Sie auf sich aufmerksam, vernetzen Sie sich mit Partnern, die in der Solarbranche tätig sind, gehen Sie an Messen und reden Sie mit den Leuten.

Text: Brigitte Müller

 

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