Kindermedizin erfordert politische Sorgfalt

  • 09. Februar 2011
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Der Kinder-Herzchirurg und Schweizer des Jahres 2009, René Prêtre, warnt im Sonntags-OT vom 30. Januar davor, die Fallkostenpauschalen DRG der Erwachsenenmedizin eins zu eins auch für die Kindermedizin einzuführen. Kinder sind eine besonders sensible Patientengruppe. Ihre Behandlung ist nicht vergleichbar mit der von Erwachsenen. Die neue Spitalfinanzierung hat den besonderen Bedürfnissen der kleinen Patienten besondere Beachtung zu schenken. Sonst werden Kind und Kindermedizin benachteiligt.

Der Chefarzt vom Kinderspital Zürich fordert die Politik zum sofortigen Handeln auf. Seine Befürchtungen, die Versorgung der Kinder sei mit der Einführung der DRG nicht mehr sichergestellt, teile ich voll und ganz. Kinder werden oft ins Spital eingeliefert, um Abklärungen zum Ausschluss einer Krankheit vorzunehmen. Gerade bei den Kleinsten können solche Untersuchungen nur unter Narkose gemacht werden. Diese Mehrkosten zur Diagnose sind in den Fallpauschalen nicht vorgesehen. Mit anderen Worten, die Behandlung von Säuglingen und Kindern werden im DRG-System nicht berücksichtigt. Müssen Kinder unter 3 Jahren und chronisch kranke Kinder ins Spital, braucht es eine gute Vorbereitung für Kind und Eltern, um Ängste und Traumatisierungen zu vermeiden. Die Pflege von Kindern ist sehr personalintensiv. Die Personalkosten in Kinderkliniken sind darum auch 30 Prozent höher als in anderen Spitälern. Werden undifferenzierte Pauschalen eingeführt, kommt die Qualität der Kindermedizin unter die Räder.

Die negativen Erfahrungen aus anderen Ländern müssten die Schweiz eines Besseren belehren. Deshalb habe ich im Parlament Forderungen gestellt, die in die gleiche Richtung zielen wie Dr. René Prêtre im Interview ausführt. Die fachlich richtige Behandlung in der Kindermedizin muss uns ein Herzensanliegen sein. Die Antwort des Bundesrates auf meinen Vorstoss lässt allerdings vermuten, dass er die Problematik nicht erkennen will. Umso wichtiger sind klare Stellungnahmen der Fachleute aus der Kindermedizin. Zudem ist eine Begleitforschung aufzubauen mit Blick auf die Auswirkungen der Swiss DRG nicht allein auf die Kindermedizin, sondern auch auf die Qualität der medizinischen Versorgung für behinderte und für ältere Menschen. Ein Blick über die Landesgrenze mahnt, die Veränderungen in der Behandlungs- und Versorgungsqualität für alle Patienten zu beobachten. Es würde einiges an Kosten sparen und Fehlentwicklungen rechtzeitig verhindern. Es wäre schade, wenn die Schweiz, aus welchen Gründen auch immer, nicht bereit wäre, aus den Erfahrungen anderer zu lernen.
Die FMH und verschiedene Fachgesellschaften weisen schon länger auf mögliche Probleme hin. Die nationale Qualitätsstrategie hätte, rechtzeitig umgesetzt, vieles erleichtert. Jahrelang hat sich die bürgerliche Politik dagegen gesperrt. Aber für meine Hartnäckigkeit bin ich ja bekannt. Jetzt ist die Qualitätssicherung in allen Parteien ein Thema. Die Einsicht kommt spät, aber sie ist da und sie ist ein Muss für eine fortschrittliche Gesundheitsversorgung, wie sich das Starchirurg Prêtre zu Recht wünscht.

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