Weihnachtsgeschichte im Bundeshaus

  • 22. Dezember 2010
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Es war der letzte Morgen der Session. Leise Schneeflocken verzauberten das Bundeshaus. Ich war in Eile. Doch der Betriebschef des Hauses liess mich nicht durch. Seine grossen blauen Augen strahlten. Und da sprudelte es auch schon aus ihm heraus: ein weiteres Menschenleben gerettet, Frau Heim! Erst kürzlich habe er einen Defibrillator für die Besucher im Bundeshaus angeschafft.  Und schon innert weniger Tage kam dieser zum Einsatz. Eine Besucherin erlitt eine Herzkrise. Dank sofortiger Herzmassage und dem Einsatz des Defis wurde sie gerettet. Heute geht es ihr wieder gut. Ein Einzelfall?

Mitnichten, eben erfahre ich, dass der Flecken Schwyz vor kurzem öffentlich zugänglich solche Leben rettende Geräte angeschafft hat. Und dies hat sich schon innert weniger Tage gelohnt. Ein Mann erlitt eine Herzattacke. Dank des Geistesgegenwart eines Passanten, der den Defi in der nahen Apotheke holte, hat sich der Betroffene rasch erholt und kann Weihnachten mit der Familie feiern. Ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art.

Wir brauchen ja nicht gleich „ein einig Volk von Lebensrettern“ zu werden. Und wir sollten auch nicht gleich in eine blinde Beschaffungswut von Defi-Geräten verfallen. Aber wenn sich heute Kantone, Städte, Gemeinden, Firmen und Sportclubs vom Helferwillen getrieben, Defibrillatoren anschaffen, ist dies sicher der erste Schritt in die richtige Richtung. Was es jedoch noch braucht, ist ein gesamtheitliches Konzept. Der Schweiz fehlt noch immer eine landesweite Strategie für die sinnvolle Platzierung der Geräte und für deren einheitliche, klare Signalisation wie es sie z.B. bei Feuerlöschern gibt. Genauso wichtig ist die breite Information der Bevölkerung. Eines ist klar, in der Schweiz könnten sehr viel mehr Leben gerettet werden, wenn wir uns ebenso organisieren würden wie die skandinavischen Länder. Nebst dem Defikonzept achten diese auf eine breite Ausbildung der Bevölkerung in  Herzmassage und in der Anwendung von AED’s. Der schweizerische Samariterbund arbeitet schon lange auf diesem Gebiet: Doch ohne bundesweites Konzept gelingt es ihm zu wenig die breite Bevölkerung anzusprechen, resp. möglichst viele zu Lebensrettern zu machen.

Eigentlich hätte das ASTRA (Amt für Strassen) vom Parlament den Auftrag gehabt, die Ausbildung in Herzmassage und am Defi im Nothelferkurs zu integrieren. Leider lässt dieses es nun bei einem theoretischen Filmchen bewenden. Und die praktische Anwendung bleibt auf der Strecke. Es gibt allerdings bereits sehr fortschrittliche Kantone. So zeigen uns die Kantone Solothurn und Tessin z. B. wie ein Notfallkonzept aufzubauen ist: In erster Linie sollten Polizei, Freiwillige Feuerwehren, Angehörige von Samaritervereinen, aber auch die Angestellten des öffentlichen Verkehrs, Taxifahrer, Securitas, Personal in Supermärkten und auf Sportplätzen in der Anwendung von AED ausgebildet werden. Und warum nicht auch die Leute im Zivil- und Militärdienst wie auch im Zivilschutz schulen? Im Kanton Tessin gehören selbst Prostituierte zum First Reponse System.

Erfahrungsgemäss geschehen Herznotfälle zu 80% zuhause. Gerade darum braucht es die Schulung der breiten Bevölkerung. Wer heute vor übertriebenen Bemühungen warnt und gar von einer Defi-Histerie spricht, verkennt den grossen Nachholbedarf in diesem Bereich. Die Schweiz könnte sehr viel mehr tun für diese Sicherheit. 8000 Menschen sterben in unserem Land jedes Jahr am Herzstillstand. Wenn wir uns besser organisierten, würden viele von ihnen noch leben und könnten auch dieses Jahr Weihnachten feiern.

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