Der Bundesrat hat die Beiträge der Krankenkassen für Brillen- und Kontaktgläser gestrichen. Na und, was ist schon eine Brille? Bezieht man aber in Betracht, dass gleichzeitig die Patienten mit höheren Spitaltaggeldern zur Kasse gebeten werden sollen und dies bei steigenden Krankenkassenprämien, dann wird’s schon langsam happig.
An sich ist ja jede Massnahme zu begrüssen, die ohne Einbusse an Versorgungsqualität Kostenersparnisse im Gesundheitswesen verspricht. Aber hier geht es gar nicht ums Sparen, sondern um den Abbau wichtiger Leistungen auf Kosten von Familien, Kindern und älteren Menschen sowie um eine Entlastung der Kassen auf Kosten der Kranken. Da muss die SP intervenieren.
Klarsicht nur noch für Wohlbetuchte?
Was auf den ersten Blick als Kleinigkeit erscheint, stellt für Familien mit kleinem Budget eine erhebliche Belastung dar. Das Brillengeld von Fr. 540.- für 3 sehschwache Kinder, ist für diese Familien einfach zu viel. Darum ist das Streichen der Kassenbeiträge von Fr. 180.-/Jahr und Brille kontraproduktiv. Ist das Familienbudget knapp wird womöglich der Kauf einer Brille hinausgezögert. Doch Kurzsichtigkeit, einseitige Übersichtigkeit und Hornhautverkrümmungen führen zu lebenslanger Sehschwäche, wenn sie nicht frühzeitig behandelt werden. Was hier als Sparmassnahme daher kommt, generiert in Wirklichkeit nur neue Kosten. Und diese Mehrkosten fallen ins Gewicht. Nach den Angaben des Berufsverbandes deutscher Augenärzte sieht jedes 10. Kleinkind schlecht. Zu oft, auch in der Schweiz, wird die Sehschwäche erst in der Schule erkannt. Mit seinem Entscheid würde der Bundesrat diese für die kindliche Entwicklung ungute Situation weiter verschärfen.
Und die älteren Menschen?
Auch für die älteren Leute ist der Brillenentscheid problematisch und löst weitere Kosten aus. Die Zahl älterer Menschen mit nur kleinen Renten ist nicht zu unterschätzen. Das zeigt der wachsende Aufwand bei den Ergänzungsleistungen. Schon heute könnten viele Leute mit kleinen Renten sich keine bessere Brille leisten ohne die Unterstützung der Pro Senectute. Wenn nun gar für die 5-Jahresanpassung die Krankenkassen keine Beiträge mehr leisten müssten, werden diese RentnerInnen den Kauf einer neuen Brille hinauszögern, oder gar darauf verzichten. Dies trotz nachlassender Sehkraft die ihr Sturz- und Unfallrisiko erhöht, was wiederum höhere Gesundheitskosten zur Folge hat. Man kann es drehen wie man will, dieser Bundesratsentscheid spart nicht! Im Gegenteil, er treibt die Gesundheitskosten noch zusätzlich in die Höhe.
Höhere Prämien und dazu immer mehr aus dem eigenen Sack berappen!
Das geht nicht auf und sorgt für Ärger. Laut Bundesrat sollen Kranke für jeden Spitaltag statt Fr. 10.- neu 50% mehr aus dem eigenen Sack zahlen sollen, also Fr. 15.- pro Tag Spital. Das erscheint auf den ersten Blick nicht viel zu sein. Für chronisch Kranke jedoch und Ältere kann dies tüchtig ins Tuch gehen. Was der Bundesrat hier sparen nennt, ist nichts anderes als die Entlastung der Krankenkassen auf Kosten von jenen Patienten, die mehrfach ins Spital müssen oder so schwer krank sind, dass lange Spitalaufenthalte nötig werden. Natürlich kann man argumentieren die Spitaltagbeiträge seien ja seit 1996 immer gleich geblieben. Dafür aber haben die Krankenkassenprämien massiv zugenommen. Vergleicht man die kantonalen Durchschnittsprämien der letzten 10 Jahre, so sind die Prämien der Erwachsenen und Kinder um fast 70% gestiegen und diejenigen der jungen Erwachsenen sogar um 126%! Wir wollen nicht, dass die Kopfprämien mit dem Spitaltaggeld weiter aufgestockt werden. Die 115 Mio Mehreinnahmen bringen keine Prämiendämpfung. Die ist schon weg, aufgefressen von den hunderten von Mio Werbe- und Maklerkosten der Kassen, von den 200-300 Mio die der herbstliche Kassenwechsel kostet und vom 3%igen Prämienanstieg mit der Einführung der DRG’s.
So kann man nicht sparen, Herr Bundesrat! Das Geld bei den Kranken einfordern und ihnen gleichzeitig wichtige Leistungen streichen – das ist das falsche Rezept!
Sehr viel höhere und vor allem echte Einsparungen brächten Massnahmen zur Erhöhung der Patientensicherheit. Hier besteht ein grosses, kaum genutztes Potenzial.