Für ein JA zum Gegenschvorschlage der Ausschaffungsinitiative

  • 01. November 2010
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Diese Ausschaffungsinitiative müssen wir bodigen. Sie ist menschenverachtend, absolut fremdenfeindlich. Sie ist eine Bedrohung für den schweizerischen Rechtstaat, führt in die Willkür und steht im Konflikt mit Verfassung und Völkerrecht. – Eine Annahme wäre für die Migrantinnen und Migranten in unserem Land eine Katastrophe. Unser oberstes Ziel muss deshalb sein, diese Initiative zu bodigen. – Dabei müssen wir uns bewusst sein, dass 2 Umfragen auf eine deutliche Annahme der Initiative hinweisen.

58% der befragten Personen wollen ein Ja einlegen. Die Zahl der Unentschlossenen klein. Und – über 35% selbst unserer Wählerschaft will JA stimmen. Alarmierend! – Bei der Minarett initiative trauten sich viele Leute nicht, zu sagen wie sie abstimmen werden. Auch dieses Mal könnte es so sein!

Das Thema Kriminalität sorgt für enorme Emotionen, für die Sündenbockpolitik der Rechten ein gefundenes Fressen. Das Gerede von der importierten Kriminalität hat sich in den Köpfen festgesetzt, in ganz Europa und auch in der Schweiz. Darum ist zu befürchten, dass die Annahme dieser widerwärtigen Initiative kaum mehr zu verhindern ist. Wer für unsere Grundwerte einsteht, für Menschenrechte und Solidarität darf davor die Augen nicht verschliessen.

Die Initiative will den automatischen Rausschmiss von Ausländern die sich was zuschulden kommen lassen – automatisch raus, egal wie schwer die Tat wiegt. Sie listet wild und willkürlich eine Auswahl an Delikten auf, von vorsätzlicher Tötung bis zum Einbruch oder zum unberechtigten Bezug von Sozialleistungen. – Schwere Wirtschaftsverbrecher und Raser lässt sie ungeschoren. – Dafür soll der kleine Ladendieb ausgeschafft werden.  Der Initiative geht es nicht um die Ausschaffung von Mördern und Vergewaltigern. Das geschieht heute schon. Sie will die Ausschaffung für Bagatellen. Sie zielt auf die Kleinen, auf die Sekunda etwa, die alleinerziehend und darum auf Sozialhilfe angewiesen ist. Macht sie einen Fehler, gibt sie etwas nicht oder unvollständig an, soll sie nach SVP-Manier mit ihren Kindern das Land verlassen, ohne wenn und aber.

Dieser Automatismus, die automatische Wegweisung des Ausländers, der sich was zuschulden kommen lässt – unabhängig von der Schwere der Tat und den Umständen, dieser Strafautomatismus bedroht die Grundprinzipien unseres Rechtstaates.  – Die Initiative goutiert sich zudem um‘s Völkerrecht. Sie verletzt die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und stellt die bilateralen Verträge mit der EU in Frage. Dass die economie suisse das nicht realisiert, ja der SVP auf den Leim geht, lässt tief blicken.

Wie lässt sich die Annahme oder das Obsiegen der Initiative verhindern? Mit der SP-Parole des doppelten Nein? – Wohl kaum! Wer dieser Parole folgt, schwächt die Chance des Gegenvorschlags und hilft damit der Initiative zum Durchbruch. Selbstverständlich müssen wir zu unseren Grundwerten stehen! – Aber bitte so, dass sie auch tatsächlich zum Tragen kommen und nicht reine Deklamation bleiben. Wenn wir verlieren, steht ein menschenrechtswidriger Passus in der Verfassung. Spätere Generationen werden uns fragen, warum nur habt ihr das nicht verhindert. Wir werden eine Radikalisierung erleben vor der mir graut.
Will die SP allen Ernstes in Schönheit und fundamentalistischer Reinheit untergehen, dafür aber tausende von Migrantinnen und Migranten der politischen Willkür ausliefern? – Ich meine, etwas Mut zum Pragmatismus, zum Gegenvorschlag wäre klüger. Und zwar nicht erst beim Stichentscheid. Wer die Initiative verhindern will, muss den Gegenvorschlag unterstützen, nur dann wird das JA beim Stichentscheid das Schlimmste verhindern. Damit es überhaupt zum Stichentscheid kommt braucht der Gegenvorschlag das Volks- und Ständemehr. Darum braucht es ein JA zum Gegenvorschlag: Ein Volks- und Ständemehr für den Notnagel Gegenvorschlag und dann dessen Sieg in der Stichfrage.

Mit dem doppelten SP-Nein jedoch ist der Scherbenhaufen, die Annahme der Initiative praktisch vorprogrammiert.
Erreichen Gegenvorschlag und Initiative das Stände- und Volksmehr, das doppelte JA machts möglich, gewinnt der Gegenvorschlag wenn er insgesamt mehr Volks- und Standesstimmen auf sich vereint als die Initiative. Dafür braucht es das JA beim Stichentscheid.
Das allerwichtigste also, um die Initiative zu bodigen, ist dass der Gegenvorschlag das Volks- und Ständemehr erreicht, sonst nützen alle JA-Stimmen zum Stichentscheid nichts mehr.

Ist der Gegenvorschlag das Gleiche wie die Initiative, nur einfach völkerrechtskonform?
Der Gegenvorschlag hat zwei Ziele: Er soll verhindern, dass die Initiative angenommen wird und er will das Engagement von Bund und Kantonen in der Integrationspolitik in der Verfassung verankern.
 
Klar, ohne die Initiative hätte die SP-Fraktion den Gegenvorschlag nie und nimmer auf die politische Agenda gesetzt. Das Ausländergesetz genügt vollauf. Es besteht kein Handlungsbedarf. – Schwierigkeiten bestehen höchstens im Vollzug, aber nicht wegen mangelnder rechtlicher Grundlagen, sondern weil es Staaten gibt, die ihre delinquierenden Bürger nicht zurücknehmen. Dieses Problem löst aber weder die Initiative noch der Gegenvorschlag.

Ist der Gegenvorschlag „fast das Gleiche“ wie die Initiative? Nein! Er verhindert, dass AusländerInnen, die in der Schweiz geboren wurden, hier zuhause sind, seit Jahren mit uns leben, automatisch und wegen jeder Bagatelle ausgeschafft werden. Das Gericht soll wie bei Schweizern auch, den Einzelfall beurteilen. Es soll prüfen, handelt es sich um einen einmaligen Ausrutscher, bestehen Chancen zur Resozialisierung, wie ist die Familiensituation, wären Kinder von der Wegweisung mit betroffen, usw., d.h. es muss die EMRK berücksichtigen  – und die Strafe muss sich an der Schwere der Tat bemessen. Der Gegenvorschlag verhindert den  „Automatischen Rausschmiss“. Er verankert explizit das Verhältnismässigkeitsprinzip und die Einzelfallbeurteilung. Der Entscheid Wegweisung ja oder nein, hat sich am Strafmass zu messen.  Das unterscheidet den Gegenvorschlag von der Initiative.

Konkret: mit dem Gegenvorschlag kommt es zu Wegweisungen für Taten, auf die eine Gefängnisstrafe von einem Jahr oder mehr steht. Das sind Mord, vorsätzliche Tötung, Vergewaltigung, schwere Körperverletzung, Geiselnahme, Menschenhandel, qualifizierter Raub oder schwere Drogendelikte.
Bei Betrug, auch im Bereich der Sozialversicherungen wird bei einem Urteil zu einer Gefängnisstrafe von mind. 18 Monaten eine Ausschaffung erwogen – bei anderen Taten wenn das Urteil auf mindestens 2 Jahre lautet.

Es macht also einen riesen Unterschied ob die Initiative oder der Gegenvorschlag angenommen werden. Nur für Mörder und Vergewaltiger ändert sich nichts. Sie werden schon heute weggewiesen. Dies wird auch in Zukunft so sein, unabhängig vom Abstimmungsresultat. – Aber für die hier geborene Seconda, alleinerziehend und auf Sozialhilfe angewiesen, die vielleicht etwas nicht angegeben hat, den neuen Untermieter z.B., spielt es sehr wohl eine Rolle. Mit der Initiative wird sie mit samt den eingeschulten Kindern weggewiesen. Mit dem Gegenvorschlag aber muss sie einfach die zu viel bezogenen Gelder zurückerstatten und eine Busse zahlen.

Der Gegenvorschlag ist nicht das Gleiche wie die Initiative, entscheidend ist der explizite Vorbehalt von Völkerrecht, Verfassung und des Verhältnismässigkeitsprinzips.

Integration als positiver Aspekt
Der Gegenvorschlag bringt, dank der SP, mit dem Integrationsartikel einen echten Mehrwert. Er verpflichtet Bund und Kantone zu einer aktiven Integrationspolitik. – Heute sind die Kantone für die Integration verantwortlich. Einige machen viel, in anderen geht herzlich wenig. Ich meine, das gute Zusammenleben in diesem Land, ist zu wichtig, als dass die Integration weiterhin dem Kantönligeist überlassen werden sollte. Der neue Integrationsartikel in der Verfassung legt die Grundlage dafür, dass sich der Bund strategisch und finanziell in der Integrationspolitik engagieren muss, etwas was die SP schon lange fordert. Er ist weit griffiger als jener im Ausländergesetz und gibt unserer neuen Bundesrätin die Möglichkeit, die Integration schweizweit durchzusetzen. Integration ist Prävention. Wer integriert ist, verübt weniger Delikte und muss auch nicht ausgewiesen werden.

Zusammenfassung
In der Repression geht der Gegenvorschlag nicht über den Status quo hinaus. Er verhindert den blinden Rausschmiss und bringt uns im Bereich Integration einen entscheidenden Schritt weiter.
Ich bitte euch, liebe GenossInnen, zusammen mit der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, den Gegenvorschlag zu unterstützen. Nur so schaffen wir es, die katastrophale Initiative zu bodigen. – Wir wollen die brandgefährliche SVP-Initiative verhindern, weil sie menschenrechtswidrig ist, die bilateralen Verträge mit der EU in Frage stellt und zur automatischen Ausschaffungen sogar bei Bagatelldelikten führt, während grosse Wirtschaftsverbrechen und Raser geschont werden.
Der Gegenvorschlag ist die einzige Waffe um die Initiative zu verhindern. Die SP hat sie geschmiedet. Wer sie nicht einsetzt, macht sich zum Steigbügelhalter der Initiative und des SVP-Vormarsches dazu.

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