Video aus der Nationalratsdebatte:
Heim Bea in der Nationalratssession vom 13. September 2010: Der Umgang des Bundesrates mit seiner in der Bundesverfassung verankerten Notrechtskompetenz ist zu Recht immer wieder auf Kritik gestossen. Die SP-Fraktion unterstützt deshalb die vorgesehenen gesetzlichen Änderungen, die das Parlament stärken und den Bundesrat dazu anhalten sollen, ausschliesslich in Notfällen zum Notrecht zu greifen.
Es gilt, die notwendigen Lehren aus dem Swissair-Grounding, der Finanzkrise oder eben dem Fall Tinner zu ziehen. Es gibt Fälle, in denen sich der Bundesrat dieses ausserordentlichen Verfassungsartikels fast fahrlässig bedient hat. Abstrus ist das Beispiel der Finanzierung der Hilfe an Schweizerinnen und Schweizer im Ausland und der Schweizer Revue. Auch sie basierten auf Notrecht, und das seit 1973. Im Fall Tinner schien es gar, dass der Bundesrat das Notrecht nutzte, um das Parlament auszuhebeln. Geschichten wie die der Aktenvernichtung im Falle Tinner sollen mit der geplanten vorherigen Konsultation und mit der sofortigen Information des zuständigen parlamentarischen Organs in ausserordentlich bedrohlichen Situationen nicht mehr möglich sein. Auch was sich mit den 6 Milliarden zur Rettung der UBS abspielte, als der Bundesrat unter Berufung auf Notrecht seine Beschlüsse quasi am Parlament vorbeijonglierte und die Wintersession 2008 zur besagten „Kropfleerete“ verkam, weil das Parlament nichts mehr mitzubestimmen hatte, darf sich nicht wiederholen.
Das Finanzhaushaltsgesetz, das den Bundesrat berechtigt, mit und gar ohne Zustimmung der Finanzdelegation finanzielle Verpflichtungen einzugehen, und das in unbeschränkter Höhe, das müssen wir ändern. Die SP-Fraktion unterstützt die Ziele der Vorlage: die Stärkung der Kontroll- und Korrekturinstrumente des Parlamentes, den frühen Einbezug des Parlamentes, die möglichst zeitnahe Begleitung der Entscheide des Bundesrates, die rasche, demokratische Legitimation von Bundesratesbeschlüssen unter Notrecht. Zwar bringt die Vorlage nicht die Lösung für alle Eventualitäten der Zukunft. Wir sind uns bewusst: Die Beurteilung zum Beispiel, was notrechtskonform ist und was nicht, bleibt völlig in der Hand des Bundesrates. Aber die Vorlage wirkt präventiv. Die Befristung der Geltungsdauer von Notverordnungen, die Konsultations- und Informationspflicht des Bundesrates für Notverfügungen, das wird den Bundesrat zwingen, die tatsächliche Notwendigkeit dringlicher Beschlüsse gründlicher zu prüfen. Das ist das Ziel, deshalb lehnen wir die Stellungnahmen des Bundesrates in der Vorlage ab.
Was die dringlichen Finanzbeschlüsse betrifft, begrüssen wir, dass das Parlament schneller zum Zug kommen soll, um noch nicht ausgeführte Zahlungen unter Umständen eben noch stoppen zu können. Wir begrüssen, dass der Bundesrat die Zustimmung der Finanzdelegation einholen muss und dass bei Ausgaben über 500 Millionen Franken, wenn ein Viertel der Mitglieder eines Rates es verlangt, rasch, das heisst bereits in der dritten Kalenderwoche nach Zustandekommen des Antrages, eine ausserordentliche Session stattfinden soll.
Die SP-Fraktion ist darum für Eintreten auf die Vorlage, und sie möchte ihr auch zustimmen, aber im Punkt der dringlichen Finanzbeschlüsse wollen wir eine klar restriktivere Regelung, als die Vorlage vorgibt. Wir wollen mehr und mehr rechtzeitige Mitentscheidung des Parlamentes. Die SP-Fraktion unterstützt darum den Minderheitsantrag zu Artikel 28 des Finanzhaushaltgesetzes. Sie ist für Eintreten.