Für faire Steuern. Stopp dem Missbrauch beim Steuerwettbewerb (Steuergerechtigkeits-Initiative). Volksinitiative

  • 17. Juni 2010
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Bea Heim in der Nationalratsdebatte vom 17. Juni 2010

Infos zur Initiative

Heim Bea (S, SO):  Der Steuerwettbewerb unter den Kantonen überbordet; er muss in die Schranken gewiesen werden. Er führt nämlich je länger, je mehr zu einer Zerreissprobe für den Zusammenhalt in unserem Land.
Der Begriff Steuerwettbewerb ist heute eine Beschönigung – eine Beschönigung für den Fakt der Entsolidarisierung der Gesellschaft. Dieser Wettbewerb ist heute nichts anderes als die Durchsetzung des Rechts des Stärkeren auf Kosten strukturschwächerer Landesteile. Staatliches Handeln – dazu gehört das Erheben von Steuern – hat sich am Allgemeinwohl zu orientieren; es darf also nicht dazu verkommen, Reichenghettos in Schnäppchenkantonen zu schaffen.
Jeder Wettbewerb braucht Regeln, auch der Steuerwettbewerb. Genau das schlägt Ihnen die SP-Initiative „für faire Steuern“ vor. Selbst die Finanzdirektorenkonferenz ruft nach einheitlichen Steuerstandards, allerdings vorerst beim Wettstreit um reiche Zuwanderer, bei der Pauschalbesteuerung, die meines Erachtens ja grundsätzlich abzulehnen ist. Doch die diesbezügliche Forderung der Finanzdirektoren nach schweizweit geltenden Regeln ist immerhin ein Indiz dafür, dass sich etwas tut – ein Indiz, das für sich selber spricht.
Das Instrument des Finanzausgleichs sollte dem überbordenden Steuerwettbewerb Einhalt gebieten; das hat es aber nicht, es greift viel zu wenig. So nimmt das Buhlen um die Reichsten auf Kosten anderer Kantone langsam, aber sicher ruinöse Züge. Das Gegeneinander-Auftrumpfen der Kantone mit immer neuen Steuersenkungsrunden führt nicht zu nachhaltigen Standortvorteilen – und schon gar nicht zur nötigen Entlastung des Mittelstands. Dieses Gegeneinander ist nichts anderes als Abzockerei unter den Kantonen. Es ist ein Ausdruck bürgerlicher Steuererosionsstrategie, bei der die Reichen gewinnen und der Mittelstand die Zeche zahlt – mit höheren Gebühren, mit dem Abbau öffentlicher Leistungen.
Dieser Wettbewerb dient mitnichten allen, schon gar nicht der Gerechtigkeit. Vielmehr führt diese Art Politik zu einem Abbau bei der allgemeinen Lebensqualität: in der Sicherheit, der Bildung, im öffentlichen Verkehr und in siedlungspolitischer Hinsicht. Die Konzentration Vermögender in einzelnen Regionen führt dort zu Boden- und Mietpreisen, die sich normal verdienende Familien nicht leisten können. Sie werden in Agglomerationen ausgeschieden, quasi in Banlieues verdrängt.
Steuernomaden aber ziehen von Steuerparadies zu Steuerparadies; ihr Weggang stürzt verlassene Kantone und Gemeinden in Schwierigkeiten. Der Effekt: Die verbleibende Bevölkerung muss den Gürtel enger schnallen. So unterhöhlt der Steuerwettbewerb das Demokratieprinzip, indem nicht mehr die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, ob gespart wird oder nicht, sondern der Finanzstarke durch den Mittelabzug.
All dem will die Initiative „für faire Steuern“ einen Riegel vorschieben. Unter der Gier nach inländischen Steuerflüchtlingen rückt die Schweiz nämlich je länger je mehr von ihrer Verfassung ab: vom Grundsatz der Fairness und der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und von der Präambel, die besagt, dass sich die Stärke des Volkes am Wohl der Schwachen misst.
Heute ist das mitnichten der Fall. Reichste versteuern einen kleineren Prozentsatz ihres Einkommens als die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger. Das ist nicht gerecht. Wettbewerb muss fair und sinnvoll sein. Unter fairem und sinnvollem Wettbewerb verstehe ich den Wettbewerb um die beste Lebensqualität, um die besten Bildungschancen für die Jungen, um die beste Siedlungspolitik, um die höchste Lebens- und Arbeitszufriedenheit der Bevölkerung, um die höchste Lebenszufriedenheit der Familien und der älteren Menschen. Ich verstehe unter fairem und sinnvollem Wettbewerb also den Wettbewerb um die höchste Attraktivität – und diese hängt wirklich nicht von der Steuerbelastung ab.
Was die Schweiz braucht, ist eine gerechte Steuerpolitik, die unser Land insgesamt stärkt und attraktiv macht. Die Schweiz braucht faire Regeln im Wettbewerb, also eine gerechte Mindestbesteuerung für Spitzeneinkommen und Spitzenvermögen. So schonen Sie die kleinen und mittleren Einkommen, so stärken Sie den echten Wettbewerb: den Wettbewerb um die höchste Lebensqualität.
Darum bitte ich Sie, diese Steuergerechtigkeits-Initiative zur Annahme zu empfehlen.

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