Knackpunkt Hausarztkosten

  • 24. März 2010
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Knackpunkt Hausarztkosten

Podiumsgespräch im Kantonsspital Olten über Gesundheitskosten und ihre Kontrolle – Am nationalen Symposium der Vereinigung für eine faire und soziale Medizin in der Schweiz «consano» und der Verbindung der praktischen Ärzte debattierten im Kantonsspital Olten Vertreter von Krankenkasse und Ärzteschaft sowie Bea Heim engagiert über den Widerspruch zwischen Qualität und Wirtschaftlichkeit.

Urs Amacher

Wie kann man im Gesundheitswesen die Qualität messen? Wir haben eine niedere Säuglingssterblichkeit und eine grosse Chance, alt zu werden. «Letzteres ist eher auf den Wohlstand und die Hygiene in der Schweiz zurückzuführen», meinte Nationalrätin Bea Heim in ihrem Referat. Sie bemängelte, dass über den Verlauf und Erfolg der medizinischen Behandlung keine Daten vorhanden sind. Ebenso fehlen statistische Angabe über die schweren Krankheiten, beispielsweise eine Krebsstatistik. Dies erschwert die Prävention.

Im Ländervergleich
Bea Heim zitierte aus einer Studie, die das Gesundheitswesen in verschiedenen Ländern vergleicht: Sie stellte fest, dass die Schweizer Bevölkerung bei guter Gesundheit ist; wer aber in der Schweiz krank wird, hat geringere Heilungschancen als anderswo. Die engagierte Gesundheitspolitikerin spitzte es so zu: Wir gehen gesünder in das Gesundheitswesen hinein und kommen kränker als die Bevölkerung anderer Länder hinaus.

Felix Schneuwly, Direktionsmitglied der santésuisse und dort Leiter der Abteilung Politik und Kommunikation, erinnerte daran, dass die Gesundheitskosten in der Schweiz rund 60 Milliarden Franken betragen. Mehr als die Hälfte davon wird über die Grundversicherung und den Staat bezahlt. Die santésuisse als Branchenverband der Krankenversicherer müsse deshalb die «Kostenexplosion» und die Prämiensteigerung bekämpfen. Schneuwly brach eine Lanze für Managed Care (Koordination von Hausarzt, Spezialisten und Spitälern) und plädierte unter anderem für mehr Wettbewerb. Hier hakte Bea Heim ein: Wenn sie sehe, wie in den Spitälern und Praxen aufgerüstet werde, hege sie Zweifel, ob Wettbewerb wirklich zur Kostendämpfung beitrage. Tatsächlich fehlt ein Wettbewerbsdruck bei den Kosten. Deshalb, so Felix Schneuwly, müssen die Krankenkassen ein scharfes Auge auf die Kosten haben. Der Verbandvertreter verteidigte die Wirtschaftlichkeitsprüfungen seiner santésuisse: Sie beruht auf einem Vergleich der Ärzte und ihrer Kosten im Verhältnis zum Durchschnitt. Ein Arzt, der Kosten ausweist, die 30 Prozentpunkte über dem Gesamtdurchschnitt aller Ärzte liegen, muss sie gut begründen können; andernfalls wird er mit Rückforderungen konfrontiert. Diese Methode ist umstritten (OT vom 23. März 2010).

Negative Äusserungen
In der Diskussion, die vom stellvertretenden Chefredaktor der Aargauer Zeitung Werner De Schepper geleitet wurde, äusserten sich mehrere Referenten und Personen aus dem Publikum negativ darüber. Cyrill Jeger, Hausarzt in Olten und Präsident der consano, stiess sich insbesondere daran, dass die Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsprüfungen von der santésuisse – die als Kostenträger ja Partei ist – selbst definiert werden. Jeger forderte eine unabhängige Instanz.

Pointiert äusserte sich auch der Grundversorger (wie die Hausärzte offiziell heissen) Thomas Zünd. Nach seiner Erfahrung ist die Statistik der santésuisse ungerecht und bestraft die Einzelpraxen: «Als Einmannunternehmer war ich immer auf 129 Punkten, in der Arztpraxis mit einem Partner erreichte ich just den Durchschnittswert von 100, während ich jetzt in einer Gemeinschaftspraxis 70 Prozentpunkte totalisiere.» Der Krankenkassenverband benachteilige auch ältere Ärzte, denen ihre alternden Patienten (und damit grössere Risiken) treu bleiben. Der Einbezug eines Morbiditätsfaktors, der die Schwere einer Erkrankung abbildet, wäre gerechter, eine Einschätzung, die auch von Bea Heim geteilt wurde.

Oltner Tagblatt / MLZ; 2010-03-24

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