Parlamentarische Initiative Nordmann Roger. Ausgabenbremse. Aufhebung der undemokratischen Bestimmung über das qualifizierte Mehr

  • 18. März 2010
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Bea Heim im Namen der SP Fraktion Rat zu der Parlamentarische Initiative Nordmann Roger  „Ausgabenbremse. Aufhebung der undemokratischen Bestimmung über das qualifizierte Mehr“

Heim Bea (S, SO):  Im Namen der SP-Fraktion beantrage ich Ihnen die Annahme dieser parlamentarischen Initiative. Die Ausgabenbremse verhindert nämlich eine kohärente Politik. Sie bremst sozusagen die integrierte Sach- und Finanzentscheidung aus. Die Einführung der Instrumente zur Haushaltsteuerung begann in den Neunzigerjahren. Das Parlament wollte sich in der Ausgabenpolitik Fesseln anlegen, zuerst mit der Ausgabenbremse. Nach dieser können neue Ausgaben nur unter erschwerten Voraussetzungen beschlossen werden, neue einmalige Ausgaben von über 20 Millionen oder wiederkehrende von mehr als 2 Millionen Franken können nur mit einem qualifizierten Mehr beschlossen werden. Diese 1995 eingeführte Verfassungsbestimmung wurde sechs Jahre später, im Jahr 2001, mit einer weiteren Fessel ergänzt, mit der Schuldenbremse, einem Instrument, das wenigstens die konjunkturelle Situation beachtet.
Die Ausgabenbremse hingegen hat sich nicht bewährt. Sie kam in den vergangenen zwölf Jahren in etwa vierhundert Fällen zur Anwendung, aber nur in vier Fällen wurde eine Ausgabe wegen der Ausgabenbremse dann definitiv abgelehnt. Relativ häufig aber führte die Ausgabenbremse zu zusätzlichem Hin und Her zwischen den Räten und damit zu erheblichen Mehrausgaben im Rahmen des Parlamentsbetriebs. Man kann also bilanzieren: Ausser Spesen nix gewesen; das Ziel der Selbstdisziplinierung ist also verfehlt worden. Bei der Sachpolitik hingegen fördert die Ausgabenbremse die Vorherrschaft der Finanz- über die Sachpolitik. Wir meinen, dass sich die Politik nicht dem alleinigen Primat der Finanzen unterordnen darf. Aber genau dazu führt die Ausgabenbremse.
Ein Blick zurück zeigt, dass diese schon immer auf Kritik gestossen ist, und das von ganz verschiedenen Seiten. Erstmals trat 1951 eine Ausgabenbremse in Kraft, aber 1956 wurde sie von Volk und Ständen wieder abgeschafft.
1975 beschloss man eine auf vier Jahre befristete Ausgabenbremse; 1992 schlug der Bundesrat wieder eine solche vor. Der Ständerat lehnte dies ab; er befürchtete eine Verlagerung der Kompetenzen hin zum Bundesrat. Nur ein Jahr später kam der Bundesrat wieder. Es gelang ihm erst nach zwei Anläufen, den Ständerat dazu zu bewegen, zuzustimmen.
Warum nun der aktuelle Antrag zur Abschaffung?
Erstens weil die Ausgabenbremse die politische Auseinandersetzung von der Sachebene weg auf das rein Finanzpolitische reduziert; die langfristige Optik, der Grundsatz „Gouverner, c’est prévoir“, geht dabei verloren. Das schadet der Glaubwürdigkeit des Parlamentes.
Zweitens weil mit der Ausgabenbremse, mit dem qualifizierten Mehr, eine Minderheit der Räte sachpolitisch richtige Entscheide aus kurzfristiger Finanzoptik kippen kann. Das heisst, letztlich entscheidet nicht die Mehrheit, sondern eine Minderheit. Das ist unter dem demokratiepolitischen Aspekt betrachtet problematisch.
Die Ausgabenbremse wird der Sachpolitik nicht gerecht; sie macht es möglich, dass Minderheiten Mehrheitsentscheide kippen können. Wie gesagt, demokratiepolitisch ist das problematisch. Sie verhindert eine integrierte Sach- und Finanzentscheidung. Mit anderen Worten: Sie ist der Bremsklotz für eine kohärente Politik.

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