Stopp dem Personalklau !

  • 13. Februar 2010
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Die Spatzen pfeifen es längst von den Dächern. Seit  Jahren gibt es Hinweise aus Spitälern und Heimen von Patientinnen und Angehörigen, dass das Pflegepersonal nicht mehr genügend Zeit findet für die Kranken. Pflegende klagen über Dauerstress, viele reduzieren deshalb ihr Anstellungspensum. Grund dafür sind der Kostendruck und die verkürzte Spitalaufenthaltsdauer. Sie machen die Pflege intensiver und hektischer.  „Die Qualität der Pflege leidet unter versteckter Rationierung“ sagt Barbara Gassmann, Vizepräsidentin des Berufsverbandes der Pflegefachleute (SBK). Auch in Pflegeheimen scheint das Personal oft am Anschlag zu sein. Dabei führt dieser Stress zu Berufsabgängen und damit zu zusätzlichen Belastungen für das verbleibende Personal – eine verhängnisvolle Abwärtsspirale. Nur dank Rekrutierungen im Ausland kommen die Schweizer Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen noch über die Runden. Die Schweiz bildet seit längerem zu wenig Personal aus. Ohne aktive Förderung des Pflegeberufs, dessen Anerkennung und Wertschätzung verschärft sich das Problem angesichts der demografischen Entwicklung und als Folge der neuen Spitalfinanzierung ständig weiter. Eine wissenschaftliche Studie schlug kürzlich ein wie eine Bombe: bis ins Jahr 2020 braucht es zusätzlich 25‘000 Pflegefachleute, sonst droht der Pflegenotstand.

Die Politik wurde hellhörig. Zwar lehnte der Rat in der Herbstsession meine Motion, die genau das forderte, was nun auch der  „Nationale Versorgungsbericht für Gesundheitsberufe“ der Kantone und Berufsorganisationen vorschlägt, nämlich die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze, Umschulungs- und Qualifikationsangebote im Pflegebereich, ganz knapp ab. Aber der Einsatz war nicht umsonst: Ich hatte eben das Rednerpult im Rat verlassen, da bemerkte Bundesrätin Doris Leuthard leise: „Eigentlich hast du Recht“, und präsentierte wenige Tage später einem kleinen Kreis die geplanten Neuerungen in der Pflegeausbildung. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber er genügt bei Weitem nicht. Ohne rasche Massnahmen ist die Versorgung mit qualifiziertem Personal in Spitälern, Heimen und in der Spitex kaum mehr zu gewährleisten. Es braucht Anstrengungen der Betriebe wie der Kantone und des Bundes. Es gilt die Arbeitszufriedenheit und die Arbeitsbedingungen für Pflegende mit Familienpflichten zu verbessern. Die Finanzierung der praktischen Ausbildung ist zu harmonisieren und die Lehrtätigkeit mit finanziellen Anreizen zu fördern. Heute finanzieren einige Kantone die Ausbildungsleistungen der Spitäler über Pauschalbeiträge; Heime und Spitex gehen dabei leer aus. Sie haben darum Mühe Ausbildungsplätze anzubieten. Krankenversicherer und Kantone sollten die praktische Ausbildung besser gezielt und separat finanzieren, damit Betriebe, die nicht ausbilden im Kostenvergleich nicht besser abschneiden als Ausbildungsbetriebe. Mit Sicherheit aber lassen sich die wenig attraktiven Anstellungsbedingungen in den Pflegeberufen nicht länger mit der Einstellung ausländischen Personals kaschieren. Der Rekrutierung im Ausland sind Grenzen gesetzt. Nicht nur wird sie im benachbarten Ausland immer schwieriger, sie ist auch ethisch fragwürdig. Denn das Gesundheitspersonal ist europaweit knapp. Die Folgen sind absehbar: Die Schweiz rekrutiert Personal in Deutschland, Deutschland sucht welches in Polen und Polen in der Ukraine, usw. Am Ende dieses globalen „Spiels“ stehen die ärmsten Länder ohne Ärzte und Pflegende da. Das will die Weltgesundheitsorganisation WHO bremsen und der Weltgesundheitsversammlung im kommendem Mai einen Kodex gegen das unkontrollierte Abwerben von Spital- und Heimpersonal aus armen Ländern vorschlagen. „Schluss mit dem Diebstahl von Gesundheitspersonal“ übertitelt Medicus Mundi, ein Netzwerk von Organisationen der internationalen Zusammenarbeit im Gesundheitswesen seine Stellungnahme. Ich hoffe, dass die Schweiz ihre ablehnende Haltung gegenüber dieser Vereinbarung überwindet und sich dafür einsetzt, dass alle Länder zumindest Europas ihre Fachleute selber ausbilden – insbesondere auch die Schweiz!

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