Wer bezahlt den Service public der Post?

  • 31. Januar 2010
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Wie schnell soll das Briefmonopol der Post fallen? – Politiker aus der Region sind geteilter Meinung


Auch die neuen Chefs der Post müssen nach Einnahmemöglichkeiten suchen, weil immer weniger Briefe geschrieben werden. Weil es um öffentliche Dienstleistungen geht, will die Politik ein gewichtiges Wort mitreden – zum Beispiel im neuen Postgesetz.
von Andreas Toggweiler

Die Turbulenzen an der Postspitze haben sich nach der Auswechslung des CEO und des Verwaltungsratspräsidenten gelegt. Das heisst aber nicht, dass das Thema Post jetzt abgehakt ist – im Gegenteil. Als Nächstes wird sich der Nationalrat mit der Aufhebung des Briefpostmonopols befassen.

Bereits Bei der Behandlung des Postgesetzes im vergangenen Dezember im Ständerat (vgl. Box) war das Resultat zugunsten der Öffnung des Postmarktes denkbar knapp. Ein Streichungsantrag unterlag nur knapp mit 20 zu 19 Stimmen, was auch als Zufallsmehr gelten kann. Ein Jahr nach Inkrafttreten soll somit auch das letzte «Reservat» der Schweizerischen Post, die Zustellung von Briefen bis 50 Gramm, fallen. Anderseits verlangt dasselbe Gesetz, dass die Post auch in Zukunft einen landesweiten Service public mit einem allgemein zugänglichen Grundangebot an Postdiensten und an Dienstleistungen im Zahlungsverkehr aufrechterhält.

Besonders nach den Querelen an der Postspitze wird das neue Postgesetz im Nationalrat noch einmal gehörig Zündstoff liefern. «Ein flächendeckender Service public, eine zuverlässige Post als Dienstleister und Arbeitgeber, günstige Preise und Poststellen in einer vernünftigen Distanz zum Wohnort – all dies ist mit der Postmarkt-Liberalisierung gefährdet. Deshalb lehne ich die Revision des Postgesetzes in der aktuellen Form ab», sagt die Solothurner SP-Nationalrätin Bea Heim. Ausführlicher Kommentar von Bea Heim zur Postmarktliberalisierung >>

Die Liberalisierung im Strommarkt zeige, dass die Kosten massiv steigen und sogar Arbeitsplätze gefährden. «Was ist passiert, als der postalische Expressdienst dem Wettbewerb unterstellt wurde? Er kostet mehr und funktioniert schlechter», zählt Heim auf.

Die Gegner der Liberalisierung sind in der Tat um Argumente nicht verlegen. Moniert wird auch, dass sie für den Bundeshaushalt ein Risiko darstelle. Der Wettbewerb, die Fixkosten und der Mengenrückgang bei der Briefpost würden unausweichlich dazu führen, dass die Post die heutige Qualität der Grundversorgung nicht mehr finanzieren kann.

So sind denn nicht nur Linke gegen das Postgesetz. CVP-Nationalrätin Elvira Bader betont auf Anfrage, dass auch sie gegen die Aufhebung des Briefmonopols ist. Als Vertreterin der Region Thal macht sie sich Sorgen bezüglich Versorgung von Randregionen. Zwar verlange das Gesetz die Aufrechterhaltung eines Service public. Man müsse der Post aber auch eine Möglichkeit geben, die dafür notwendigen Mittel zu generieren. «Wir müssen Sorge tragen zur Post», fordert Bader.

Auch Brigit Wyss (Grüne/Solothurn) möchte, dass das Briefmonopol vorläufig bestehen bleibt. «Es ist nicht zu erwarten, dass in einer Wettbewerbssituation ein Finanzausgleich zwischen rentablen und unretablen Angeboten weiter stattfindet», erklärt sie.

Gerade damit rechnen jedoch bürgerliche Politiker, die die Post-Liberalisierung vorantreiben wollen. Denn auch wenn nur ein Auto für alle die Briefe ins Val Müstair bringt: rechnen wird sich dies nicht. Roland Borer, (SVP/SO) verweist auf den im Gesetz vorgesehenen Fonds in den alle neuen Anbieter von Postleistungen einzahlen müssen und aus dem die ungedeckten Kosten finanziert werden. «Ich bin klar für eine Liberalisierung. Die Behörde, die Lizenzen für die Postbetriebe vergibt, kann dabei problemlos weitere Rahmenbedingungen festlegen», erklärt Borer.

Für eine etwas langsamere Gangart bei der Postöffnung setzen sich die Freisinnigen Kurt Fluri und Johann Schneider-Ammann ein, auch wenn sie ebenfalls grundsätzlich eine weitere Öffnung des Postmarkts unterstützen. «Eine Übergangszeit von drei bis fünf Jahren soll der Post ermöglichen, weitere Einnahmequellen zu erschliessen», so Fluri.

Der Langenthaler Unternehmer Johann Schneider-Ammann glaubt auch, dass die Dienstleistungsqualität der Post durchaus regional unterschiedlich definiert werden darf. Allerdings brauche es eine gewisse Dichte der Poststützpunkte – beispielsweise kombiniert mit einem Dorfladen. Eher skeptisch beurteilt Schneider die Ausland-strategie der Post. Zwar sei die laufende Diskussion über die Grösse des Auslandsgeschäfts sekundär. Viel wichtiger sei, ob auch die nötige Rentabilität erzielt werden könne. «Eine ambitiöse Rentabilität verlangt grosse Vorausinvestitionen und die Inkaufnahme von Risiken. Das Auslandgeschäft bringt wohl nicht den Ausweg.»

Quelle: Sonntag vom 31.1.2010

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