Die Volksmehrheit hat ein starkes Zeichen gesetzt!

  • 06. Dezember 2009
  • Reden
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Rede zur Kundgebung der JUSOS vom 5. Dezember 2009 in Olten
Freundinnen und Freunde, 57,5% JA-Stimmen, das fährt ein. Damit hat niemand gerechnet. Nicht einmal die Initianten. Die sonst übliche „schweigende Mehrheit“ hat ihr Schweigen gebrochen. Hektik und erschreckte Ratlosigkeit bei Experten und in Bundes-Bern!

In einer demokratischen Abstimmung zu verlieren, hoch zu verlieren, ist keine Schande. Eines ist für mich klar: der Volksentscheid gilt. – Und ich denke nicht daran, in den Kanon jener einzustimmen, welche am liebsten alle, die der Initiative zugestimmt haben, als fremdenfeindlich abstempeln möchten. Ich habe mir schon einen Moment überlegt, was ist das Ziel dieser Kundgebung und ist es das richtige Zeichen. Oder giesst sie noch Oel ins Feuer der erregten Stimmung.
Denn das kann nicht meine Aufgabe sein, das tun andere schon genug. – Nein, ich will die Interpretation dieses Volksverdikts nicht unbeantwortet und schon gar nicht einfach den Rechten überlassen.

Für mich ist diese Kundgebung Ausdruck der lebendigen Demokratie, der Demokratie von der Strasse, die nicht schweigt, nicht resigniert – sondern zeigt: es gibt sie, die andere Schweiz – sie ist enttäuscht und besorgt – aber sie lebt. Sie steht ein für die Grundwerte der modernen Schweiz und markiert es hier in Olten und in vielen Städten auch. Einer Schweiz des Respekts, der Toleranz und der Offenheit zum Dialog.

Ich meine, wer in dieser Zeit schweigt, öffnet der nationalistischen Rechte Tür und Tor zum Sturm gegen die parlamentarische Demokratie, gegen den Sozialstaat, gegen die Menschenrechte.  – Und genau hier lauert die wirkliche Gefahr –  nicht bei den Minaretten. Darum bin ich froh, habt ihr Jungen diese Kundgebung organisiert, froh, zeigt ihr den Mut und gebt uns allen die Gelegenheit, zusammen sichtbar für unsere Werte einzustehen.

Es gehört zur altbekannten Taktik der politischen Rechte die Aengste in der Bevölkerung zu schüren, um daraus politisches Kapital  zu schlagen.

Das breite Unbehagen, das im deutlichen Ja letztes Wochenende sein Ventil gefunden hat, hat sehr verschiedene Quellen. Hier verbindet sich der Schrecken über einen gewaltbereiten Islamismus im Ausland mit der Angst vor der Globalisierung, vor dem drohenden Verlust der sozialen Sicherheit, mit der Wut, dass die arbeitende Bevölkerung die Zeche für das Fiasko eines überbordenden Kasino-Kapitalismus zahlt – mit dem frustrierenden Gefühl, immer zu den Verlierern zu gehören und ganz besonders in der Wirtschaftskrise. Im Eiswind des neoliberalen Winters nicht gehört, ja übergangen zu werden.

Und machen wir uns nichts vor, die „Angst vor der angeblichen Islamisierung“ spiegelt ein Unbehagen gegenüber einer unkontrollierten Einwanderung. Doch diese ist vor allem jenen zu verdanken, die billige Arbeitskräfte ins Land holen, ohne sich um deren Integration zu kümmern.

Die Rechte lebt vom Druck der Ängste die sie schürt. Das vermeintliche Ventil Minarettverbot mag für den Moment als Aggressionsabfuhr gedient haben. Aber damit verschwindet kein einziges Problem, im Gegenteil.  – Dieser Sieg der Brandstifter könnte die Allgemeinheit noch teuer zu stehen kommen. Die Stärke der Schweiz ist ihre Vielfalt – ist ihre Erfahrung im Umgang mit Minderheiten – ihr kollektive Wille zum Schutz und Respekt der Minderheiten – doch wenn Eines diesen Willen zu schwächen vermag, dann ist es die Angst um die eigene Zukunft.

Solche Angst ernst nehmen, heisst nicht ihr Recht zu geben, schon gar nicht durch einen Verstoss gegen die Menschenrechte.
Solche Angst ernst nehmen heisst kühlen Kopf zu bewahren.

Die 57,5% Ja-Stimmen sind nicht einfach ein fremdenfeindlicher Akt.  Denn bedenkt bitte, die Schweiz hält mit 22% Ausländer-Anteil an der Bevölkerung den Europa-Rekord. Damit beweist sie seit Jahren ihren Bereitschaft, ihren Willen zur Offenheit, selbst wenn diese oft auch mit Schmerzen verbunden ist.

Mit dem JA am letzten Sonntag- hat die Volksmehrheit ein Zeichen, ein starkes Zeichen gesetzt.  Und dieses Zeichen müssen wir ernst nehmen, sehr ernst sogar!
Es darf nicht sein, dass Minderheiten, kulturelle, gesellschaftliche oder religiöse Minderheiten als Sündenböcke für tiefe strukturelle Probleme herhalten müssen.Der hetzerischen Symbolpolitik, die nicht im Entferntesten daran denkt, wirklich Probleme zu lösten, tatsächlich etwas zu tun für mehr Sicherheit für die Jungen wie für die Älteren, muss der Riegel geschoben werden. Die Ängste der Menschen, die Ängste auch von uns – wollen ernst genommen werden.

Mit einer handfesten Politik, die Sicherheit schafft, Sicherheit im Sozialen, Sicherheit im öffentlichen Raum, Sicherheit und Perspektiven für die Jungen, für die Familien und mit einer Wirtschaftspolitik, welche endlich wieder Arbeit, Einsatz und Innovation belohnt und nicht schamloses Raubrittertum und Abzockerei.

Liebe KollegInnen, es ist Zeit, dass wir uns aus der Lähmung durch das Volksverdikt lösen und umso energischer uns engagieren. 

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