«Verantwortung anerkannt» – der Bundesrat legt die von Bea Heim geforderte Qualitätsstrategie des Bundes im Gesundheitswesen vor
Der Bundesrat hat gestern den Bericht zur Qualitätsstrategie des Bundes im Gesundheitswesen verabschiedet. Grund zur Freude für die Solothurner SP-Nationalrätin Bea Heim, die dezidiert eine solche Strategie verlangt hat.
Ueli Wild
Allein Medikationsfehler in Schweizer Spitälern kosten jährlich schätzungsweise 800 bis 1500 Menschen das Leben. Die Rede ist zudem von jährlich rund 3000 vermeidbaren Todesfällen bei Eingriffen. Die Qualitätssicherung ist schon deswegen ein ganz zentrales Anliegen von Bea Heim. «Von einer ganzheitlichen Qualitätsstrategie», musste die SP-Nationalrätin aus Starrkirch-Wil vor zweieinhalb Jahren in einem Interview in der Zeitschrift «Management Care» freilich feststellen, «sind wir weit entfernt.» Dabei hat schon vor über 20 Jahren eine Studie der HSG St. Gallen die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen als zentral bezeichnet. Dementsprechend gibt es im Krankenversicherungsgesetz (KVG) einen Qualitätsartikel.
Heim drängt schon seit längerer Zeit darauf, dass die medizinische Qualitätssicherung auf Bundesebene geregelt respektive gesteuert und koordiniert wird. 2005 haben beide Kammern des Parlaments eine von der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) eingebrachte Motion überwiesen, die auf eine entsprechende Parlamentarische Initiative der Solothurner Nationalrätin zurückging. Und im November 2007 forderte die ständerätliche GPK den Bundesrat auf, eine klare und verbindliche Strategie zur Qualitätssicherung zu erarbeiten. Nur, gut Ding will Weile haben: Der Bundesrat stellte einen entsprechenden Bericht auf Ende 2008 in Aussicht. Nach Verstreichen dieses Termins hakte Bea Heim in der nationalrätlichen Fragestunde vom 9. März 2009 nach und wollte vom Bundesrat wissen, wann mit dem Bericht gerechnet werden dürfe.
Führungsverantwortung des Bundesrats
Seit gestern ist die Frage definitiv beantwortet: Der Bundesrat hat den Bericht zur Qualitätsstrategie des Bundes im schweizerischen Gesundheitswesen genehmigt. «Endlich», so die Reaktion von Bea Heim, «anerkennt der Bundesrat seine Verantwortung für eine gute Qualität der Gesundheitsversorgung in diesem Land.» Wie in ihren diversen Vorstössen und im Bericht der ständerätlichen GPK gefordert, übernehme der Bundesrat nun die Führungsverantwortung für die notwendige Qualitätsstrategie.
Die in dieser Strategie formulierten neun Aktionsfelder kann Heim allesamt unterstützen. Der Bund will dort zuerst handeln, wo die grössten Qualitäts- und Sicherheitsprobleme bekannt sind. Da geht es um Medikationsfehler, Verwechslungen, Spitalinfektionen und so weiter. Der Bundesrat will zudem die nötigen Strukturen und Ressourcen für die Umsetzung der Qualitätsstrategie schaffen. Auch die Qualität in der medizinischen Ausbildung soll ein Thema sein. Ausserdem will er Schwerpunktprogramme definieren und Qualitätstransparenz für die Bevölkerung schaffen.
Doch viele Fragen bleiben für Heim weiterhin unbeantwortet. Zum Beispiel: Was ist Qualität im Gesundheitswesen, wie misst sich diese? Ist die Sterberate nach einem Eingriff im Spital ein möglicher Massstab? Bea Heim fände das problematisch! Oder sollen Infektions- und Komplikationsraten, die Schmerzintensität oder die Zeit bis zur Wiederaufnahme der Arbeit oder der Selbstständigkeit ausschlaggebend sein? «Antworten darauf», so Heim, «sucht man vergeblich im Bundesratspapier – hier ist noch gewaltig viel Grundlagenarbeit zu leisten.»
Für die Solothurner Gesundheitspolitikerin ist klar: «Die konkrete Qualitätsstrategie muss der Bund zusammen mit den Leistungserbringern formulieren, in zeitlichen Vorgaben klar seine Führungsrolle wahrnehmen und nicht zuwarten bis zur alles umfassenden Lösung und Strategie mit vollem Ausbau aller nur vorstellbaren Strukturen.» Konzentriere sich die Gesundheitspolitik jedoch nur auf die Kostenfrage, sei der Weg in Richtung Rationierung und Kostensteigerung vorgezeichnet. Die reine Kostenminimierung münde in eine Verschlechterung der Gesundheit der Bevölkerung, was die Gesamtkosten ansteigen lasse.
«Ein wenig Weihnachten …»
Bea Heim freut sich. Sie erlebe im Moment «ein wenig Weihnachten». Offenbar wolle Bundesrat Pascal Couchepin aufs Amtsende hin noch ein paar wichtige Pendenzen erledigen. «Das ist erfreulich.» Für ihre direkten und indirekten Vorstosserfolge braucht sie bald einen Zählrahmen. Themen letzter Woche: die Revision des Heilmittelgesetzes unter Einbezug der Arzneimittelsicherheit bei Kindern und die nationale Strategie Palliative Care. Und nun die medizinische Qualitätsstrategie des Bundes …
© Oltner Tagblatt / Mittelland Zeitung / Donnerstag 29. Oktober 2009