Volkswahl würde System zum Kippen bringen

  • 25. Oktober 2009
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Immer wieder wird mit der Idee geliebäugelt, den Bundesrat durch das Volk wählen zu lassen. Was die SVP auftischt, ist also weder neu noch die Vollendung der direkten Demokratie.

Sie ist ein Ladenhüter der Enttäuschten und wird von denen aufgegriffen, die sich nicht angemessen im Bundesrat vertreten glauben. Allerdings hat das Parlament mit Frau Widmer-Schlumpf eine solide 2. SVP-Vertretung gewählt. Die SVP hat sich mit dem Partei-Ausschluss selber um das Mandat beraubt. Denn diese Bunderätin macht knallharte, allerdings sehr intelligent verpackte SVP-Politik.

Demokratiepolitisch brächte die Volkswahl Probleme. In keinem anderen Land sind die Volksrechte so ausgeprägt ausgebaut wie bei uns. Geschaffen wurde eine Balance von direkter und indirekter Demokratie. Eine Volkswahl würde das System zum Kippen bringen und das Land unregierbar machen. Gefährdet würde auch der wichtige regionale Ausgleich. Am System des Minderheitsschutzes soll man nicht leichtfertig herumschräubeln, wenn man es nicht bodigen will. Mit der Bildung von Wahlkreisen ginge der Cha-rakter der nationalen Wahl verloren. Wollte man eine Anzahl Sitze pro Sprachregion garantieren, würde das Wahlverfahren kompliziert, ohne die regionalen Ansprüche zu erfüllen. Denn Kandidaten aus grossen Kantonen hätten bessere Wahlchancen als aus einem kleineren.

Die Volkswahl würde zu einer Personalisierung des Amtes führen und die Konkordanz quasi verunmöglichen. Denn statt als Kollegium Sachpolitik zum Wohle des Landes zu machen, müssten sich die Bundesräte vier Jahre lang als Einzelmagis-traten profilieren, für ihre Wiederwahl mediengerechte Auftritte inszenieren und sich ähnlich Korkzapfen auf politischen Strömungen treiben lassen. Diese Abhängigkeit von Stimmungslagen im Wahlvolk könnte Einzelpersonen dazu verleiten, wie es der abgewählte Bundesrat versucht hat, eine Führerrolle einzunehmen. Das Gleichgewicht unter den staatlichen Gewalten geriete aus den Fugen. Parlament und Demokratie würden geschwächt. Nein, die Schweiz braucht keine Volkswahl des Bundesrates.

© Sonntag / MLZ; 25.10.2009; Seite 65

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