Die Tagesstätte Mittelpunkt in Oensingen feiert mit illustren Gästen ihre Einweihung
Hier sollen Leute mit psychischen Beeinträchtigungen Hilfe finden. Am Samstag wurde in Oensingen die Tagesstätte Mittelpunkt eingeweiht. Zugegen war manch bekanntes Gesicht.
Von myriam Sperisen
Seit Jahren träumt der Oensinger und gebürtige Tibeter Dorjee Phuntsok von einer Tagesstätte für Menschen mit psychischen Problemen. Am Samstag war es nun in Oensingen so weit. Das Haus an der Schachenstrasse 15, ein ehemaliger Kindergarten, wurde als Tagesstätte Mittelpunkt eingeweiht (siehe Text unten). Über 120 Leute nahmen an der Zeremonie teil. Das Haus ist jetzt gesegnet durch den evangelisch-reformierten Pfarrer Udo Müller, den römisch-katholischen Pfarrer Charles Onegbu, durch zwei tibetische Mönche aus dem Tibet-Kloster Rikon und sogar vom Apache-Medizinmann Felipe aus New Mexico, USA. Alle wünschten sie «Dorjee und seinem Team» alles Gute. Doch auch weltliche Exponenten meldeten sich gestern an der Schachenstrasse zu Wort.
Ein Ort der Zuflucht
Markus Flury, Gemeindepräsident von Oensingen, betonte, dass damals der Verkauf des alten Kindergartens für den Gemeinderat kein Problem gewesen sei, und es werde mit der Tagesstätte nun eine Lücke im Sozialwesen gefüllt. Er habe die Ehre, bereits nach vier Wochen Amtszeit, hier dabei zu sein: «Nebst der bereits etablierten Vebo gewinnen wir eine neue Institution dazu.»
Peter Trübner, Soziologe und Fachberater der Stätte, kennt Phuntsok bereits aufgrund der gemeinsamen Zusammenarbeit im «Schachen» Deitingen vor Jahren. «Jetzt weihst du deine Stätte an der Schachenstrasse ein», sagte er und erntete Lacher. Phuntsok habe das Entwicklungspotenzial erkannt, denn für psychisch beeinträchtigte Menschen sei es schwierig, eine Zuflucht zu finden: «Die Unterbringung in der Psychiatrie ist viel teurer.» Dass der psychische Druck in unserer Leistungsgesellschaft dauernd grösser werde, darauf machte Ruedi Nützi, Direktor der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz, aufmerksam. «Auch scheinbar Gesunde betrifft es. Mehr als die Hälfte der Führungsverantwortlichen heutzutage sind beispielsweise nicht wirklich gesund», erklärte er.
Nationalrätin Bea Heim betonte: «Es hat Dorjee Phuntsok nie an Humor und Fachlichkeit gefehlt.» Es sei sowieso für alle wichtig, mit eigenen Kräften zu sich selbst zu finden. Nebenbei verrät sie, dass sie extra wegen der Einweihungsfeier eine wichtige Sitzung in Genf habe sausen lassen, wo es laut ihren Angaben um die bevorstehende Bundesratswahl ging. Sozialdirektor Peter Gomm dankte den Pionieren und Pionierinnen dieses Projekts. Er betonte auch, dass es normal sei, dass vom Kanton zunächst einmal eine befristete Bewilligung gewährt werde.
Der Patient soll König sein
«Der Mensch hat Fähigkeiten und kann sich entwickeln», oder «Der Mensch hat das Recht auf Achtung, Wertschätzung und Akzeptanz». Das sind unter Anderem zwei Sätze, die aus dem Leitbild für die neue Tagesstätte in Oensingen hervorgehen. Die Verantwortlichen nehmen sich vor, «die Fähigkeiten und Ressourcen der Klienten zu erkennen und zu unterstützen». Initiant Phuntsok dazu: «Der Klient ist bei uns König.»
Motivation und Belastbarkeit werden erwartet
Zum Start der neuen Tagesstätte in Oensingen morgen Dienstag werden laut Initiant und Spielpädagoge Dorjee Phuntsok 18 Plätze angeboten, die bereits vergeben sind. Vier Leute gehören zum ständigen Team, neben Phuntsok sind dies noch zwei Sozialpädagogen sowie eine Pflegefachfrau. Das Team kann zur Unterstützung auf Fachleute der Region zählen: Thomas Friedli, (Kantonsschullehrer) für Fremdsprachenunterricht, Susanne Wüthrich, Maltherapeutin, oder auch Christiane Schlub, Berufsmasseurin, und viele andere Experten.
Zur Zielgruppe der Tagesstätte gehören «psychisch Beeinträchtigte, die zurzeit (noch) nicht oder nicht mehr dazu in der Lage sind, einer kontinuierlichen Arbeit nachzugehen. Sie stehen weder dem besonderen (Werkstätten für Behinderte) noch dem regulären Arbeitsmarkt zur Verfügung.» Im Weiteren wird im Konzept der Tagesstätte erklärt, dass auch Personen erwünscht sind, die zur Bewältigung ihrer Lebenssituation «spezielle Hilfe der psychosozialen Versorgung benötigen». Besonders angesprochen seien Langzeitpatienten, die keiner stationären Behandlung mehr bedürfen. Von Klientenseite wird Freiwilligkeit, Motivation, Belastbarkeit sowie Verlässlichkeit erwartet. Hingegen nicht zur Zielgruppe gehören primär Suchterkrankte, mittel bis schwer geistig Behinderte sowie gerontopsychiatrische Patienten (zum Beispiel an «Alzheimer» Erkrankte). Vorerst wurde der Betrieb für «Mittelpunkt» auf 2 Jahre genehmigt. (my)
© Solothurner Zeitung / MLZ; 31.08.2009; Seite 1