Die Schweiz braucht eine Gesundheitsstrategie!

  • 26. April 2009
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Hat Bundesrat Couchepin den Ernst der Lage erkannt? Angesichts des drohenden Prämienschubs von 10 Prozent lud er letzten Dienstag zum Runden Tisch. Spitäler, Kassen und Ärzteschaft einigten sich auf Kostensenkungen von rund 800 Mio.

Ob das Parlament der geplanten Praxisgebühr von 30 Franken, die jedermann pro Arztbesuch aus der eigenen Tasche zu berappen hätte zustimmt, bezweifle ich. Wie schon bei den Spitexkürzungen setzt man wiederum beim schwächsten Glied des Systems an: beim Patienten. Und wie in Deutschland werden dann finanziell Schwächere und Kränkere so lange nicht zum Hausarzt gehen, bis nur noch langwierige, teure Therapien helfen. So treibt man die Kosten nur noch weiter in die Höhe, wie mit der leidigen Geschichte der Labortarife übrigens auch.
Ein wenig hier und dort zu sparen ist eben der falsche Weg. Die vielen Ideen des Gesundheitsministers in Ehren, aber die Schweiz braucht endlich eine gesundheitspolitische Strategie, die den Patienten und die Volksgesundheit ins Zentrum stellt und sich langfristige Gesundheitsziele setzt. Das brächte ein Vielfaches der von Bundesrat Couchepin zurzeit angestrebten Einsparungen.
Einige Vorschläge:
Die Schweiz braucht eine Gesundheitsstrategie für Jung und Alt! Statt z.B. die steigenden Pflegekosten zu beklagen ist in die Stärkung der Gesundheit und der Autonomie im Alter zu investieren. Die Pflegebedürftigkeit lässt sich so hinauszögern. Jedes gewonnene Jahr spart gemäss der Studie von Prof. Höpflinger 3 Milliarden!
Die Schweiz braucht eine Früherkennungsstrategie. Je früher Gesundheitsrisiken erkannt werden, um so günstiger und erfolgreicher die Behandlung. Ich denke an die Krebsfrüherkennung oder an die Früherfassung der Osteoporose: 450‘000 Spitaltage kostet uns diese Krankheit. Mit der Früherkennung liesse sich diese Zahl halbieren.
Die Schweiz braucht eine Qualitätsstrategie, welche die Behandlung im Krankheitsfall als integrierte Gesundheitsversorgung organisiert, d.h. den Patienten über den ganzen Heilungsprozess begleitet und Chronisch Kranke befähigt, sich optimal zu verhalten. Ich spreche von Managed care und von Gesundheitskompetenz. Letztere birgt ein Sparpotenzial von 1,5 Milliarden! Eine Qualitätsstrategie bringt zudem mehr Patientensicherheit. So haben 30% der kritischen Ereignisse in Spitälern ihre Ursache in Falschdosierungen oder Verwechslungen von Medikamenten. Das kostet Jahr für Jahr 800 bis 1500 Menschen das Leben und viele Spitalaufenthalte dazu. Die Einführung der elektronischen Verschreibung könnte in den Spitälern Kosten von bis zu 1 Mia sparen. Eine Qualitätsstrategie würde weiter vermehrt unnötige Operationen vermeiden. Eine Nationalfondsstudie zeigt, dass in manchen Gegenden der Schweiz zehnmal mehr Gelenkspiegelungen gemacht werden als andernorts – dies bei Indikationen, wo eine solche erwiesenermassen nichts bringt. Auch viele Herzkatheder-Untersuchungen, Kaiserschnitte oder Rückenoperationen würden im Interesse der Patienten besser nicht gemacht. Sparpotenzial: 3 MIA!
Schliesslich sei die Frage gestellt: sind es wirklich die gestiegenen Gesundheitskosten allein, welche die Prämien derart in die Höhe schnellen lassen? Oder sind auch die 800 Mio Anlageverluste, immerhin 3 -4 Prämienprozente, mitschuldig? Ist es sinnvoll, wenn die Versicherten mit ihren Krankenkassenprämien für die Börsenverluste aufkommen sollen? Für die Rettung einer Grossbank in dieser Finanzkrise ist der Bund bereit rund 60 MIA aufzuwerfen. Wäre es da nicht richtig, wenn die Kantone für die Börsenverluste der Krankenkassen einspringen, bis sich der Aktienmarkt erholt hat und die Kassen die Kantonsbeiträge zurückzuerstatten, bevor das Geld als Boni in deren Chefetagen landet?

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