Der neue politische Ausdauersport: Einbürgerung in Raten

  • 30. August 2008
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Zwölf Jahre muss eine Ausländerin oder ein Ausländer in der Schweiz wohnen, bis das Gesuch um Bewilligung für das Schweizerbürgerrecht eingereicht werden kann. Im Durchschnitt dauert dann die Bearbeitung nochmals mindestens zwei bis drei Jahre,

bis der Schweizer Pass überhaupt ausgehändigt werden kann. Nur wer einen guten Leumund und Arbeit hat, wer integriert ist und unsere Sprache spricht, hat überhaupt eine Chance auf Einbürgerung. Ferner hat sich die Bewerberin oder der Bewerber ausdrücklich zu verpflichten, die Rechtsordnung der Schweiz zu beachten und zu respektieren.

Bea Heim und Andy Tschmperlin

So weit so gut. In der Praxis kann das so aussehen: Eine junge Familie kommt aus dem EU-Raum in die Schweiz, um hier zu arbeiten. Der Vater ist 27 Jahre alt. Mit 39 Jahren kann er somit das Gesuch für das Schweizerbürgerrecht stellen. Frühestens mit 41 Jahren bekommen dann dieser Vater und seine Familie das Bürgerrecht. Hand aufs Herz: Kann man im Ernst diese Menschen, die seit Jahren hier arbeiten, Steuern und AHV bezahlen, als Neuschweizer“ bezeichnen? Nach Meinung der bürgerlichen Mehrheit der staatspolitischen Kommission schon. So soll diese Familie in Zukunft einen neuen Status bekommen: Die Einbürgerung soll sie zu Schweizerinnen oder Schweizer 2. Klasse degradieren – für 10 lange Jahre sollen sie unter dem Stempel der Neuschweizerin“ oder des Neuschweizers“ leben. Das heisst, sie stehen unter dem Generalverdacht, möglicherweise kriminell zu werden, weshalb sie das Besitzerrecht nur auf Probe erhalten. Erst mit 50 Jahren wird dann dieser Vater, der inzwischen sein halbes Leben in diesem Land arbeitet und wohnt, ein richtiger Schweizer“.Dank der Unterstützung von politisch erstaunlicher Seite fand diese abstruse parlamentarische SVP-Initiative eine Mehrheit in der staatspolitischen Kommission. überdurchschnittlich viele Neuschweizer“ würden nach der Einbürgerung schwer kriminell, begründet die SVP ihre zahllosen Vorstösse gleicher Stossrichtung. Die Sicherheit, in der Schweiz eingebürgert zu sein, würde ausgenutzt um Straftaten zu begehen. Eine Aussage, welche die SVP nicht belegen kann – weil sie nicht der Wahrheit entspricht. Tragische Einzelfälle, wie der eingebürgerte Soldat, der kurz nach der Rekrutenschule eine junge Frau in Zürich Höngg ohne ersichtliches Motiv erschoss, machen sehr betroffen. Aber wegen psychischen Störungen einzelner eine Kampagne gegen AusländerInnen im Generellen einzuleiten, ist gänzlich deplatziert. Zu behaupten, solch ein Täter habe sich bei der Tat darauf verlassen, als Schweizer Bürger nicht ausgewiesen zu werden, ist angesichts der psychischen Störungen, die mit solchen Taten verbunden sind, einigermassen absurd. Dass dies die SVP dennoch tut, überrascht uns nicht – wir kennen sie so. Dass gutbürgerliche Mitteparteien bei diesem geschmacklosen Populismus mitspielen, enttäuscht uns jedoch sehr.Studien über die Qualifikationen von ausländischen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern in der Schweiz zeigen, dass diese bereit sind, besondere Leistungen zu zeigen. Ob jemand kriminell wird oder nicht, hängt stark von der sozialen Sicherheit, vom Bildungsstand und der Integration ab. So zeigt sich bei allen Jugendlichen, ob schweizerischer oder ausländischer Nationalität, dasselbe Risiko: Wer keine Arbeit und wenig Bildung hat und sich deshalb ausgeschlossen fühlt, zeigt eine erhöhte Bereitschaft zu kriminellem Handeln. Das beste Mittel dagegen ist, dass alle Menschen in diesem Land – ob jung oder älter, ob mit oder ohne Schweizer Pass – Perspektiven, Arbeit und eine gesicherte Existenz haben. In der Schweiz sind alle Menschen vor dem Recht gleich, und das muss so bleiben.

Aus dem Bürgerrechtsgesetz:

Art. 14
Eignung vor Erteilung der Bewilligung ist zu prüfen, ob der Bewerber zur Einbürgerunggeeignet ist, insbesondere ob er:

  • a. in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist;

  • b. mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist;

  • c. die schweizerische Rechtsordnung beachtet;

  • d. die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet.

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