Mehr Gerechtigkeit bei den Steuern

  • 14. Juli 2007
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Vor einiger Zeit, beim Besuch einer Firma in Trimbach, diskutierte ich mit deren Geschäftsführer über die Unternehmenssteuern. Er kritisierte, dass zuerst der Firmengewinn und dann – noch einmal – die ausgeschütteten Dividenden besteuert werden.

Welche Kriterien müsste eine Unternehmenssteuerreform erfüllen, fragten wir uns – und einigten uns auf drei Punkte:

  • Sie muss das Wirtschaftswachstum ankurbeln, Arbeitsplätze sichern und gute Löhne garantieren.
  • Sie soll Investitionen in Zukunftstechnologien und damit Innovationen fördern.
  • Sie muss die Eckpfeiler der Beschäftigung stärken – in unserm Land also die kleinen und mittleren Unternehmen KMU.

Das Parlament hat im Frühling die Unternehmenssteuerreform II verabschiedet. Kürzlich wurde das Referendum eingereicht – die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger werden also an der Urne darüber befinden. Erfüllt diese Unternehmenssteuerreform II die drei Kriterien? Beginnen wir beim letzten Punkt: den KMU. Die Reform privilegiert die Aktionäre. Die grosse Mehrheit der Kleineren und Mittleren Unternehmen aber ist nicht als Aktien-, sondern als Personengesellschaft organisiert. Genau diese werden bei der Steuerreform gegenüber den AG benachteiligt – das Gros der KMU profitiert also gar nicht von der Reform. Diese als KMU-freundlich zu bezeichnen, ist ein Etikettenschwindel.

Klare Verpflichtungen statt Prinzip Hoffnung: Wenn die steuerliche Vorzugsbehandlung wenigstens dazu verpflichten würde, die kostbaren Steuergeschenke wieder in die Unternehmen, in Innovation und Lehrlingsausbildung zu investieren. Aber nichts dergleichen. Der Bund setzt auf das Prinzip Hoffnung – in Politik und Wirtschaft eine trügerische Sache. Jene Unternehmen, die profitieren, dürfen über das eingesparte Geld frei verfügen. Ohne Verpflichtung, das zeigt die Erfahrung, geschieht jedoch (zu) wenig in Richtung Innovation und Lehrstellen.

Kurbelt die Unternehmenssteuerreform II zumindest die Wirtschaft an, sorgt sie für sichere Arbeitsplätze und gute Löhne? Leider muss auch diese Frage verneint werden. Von der Steuererleichterung profitieren Personen, die mindestens zehn Prozent der Aktien einer Firma besitzen. Dazu gehören zunehmend Finanzinvestoren, die in grossem Rahmen Schweizer Firmen zusammenkaufen – wie dies etwa bei Sulzer passiert ist. Die langfristige Sicherung der Arbeitsplätze und Lehrstellen steht für Finanzinvestoren nicht im Zentrum – sie interessieren sich hauptsächlich für kurzfristige Gewinne.

Fast nebenbei schwächt die Unternehmenssteuerreform auch noch die AHV: Ist die Dividende – im Gegensatz zum Lohn – steuerfrei, lädt dies mitarbeitende Grossaktionäre geradezu ein, Dividenden anstelle eines AHV-pflichtigen Lohnes auszuzahlen. Neben dem Steuerbetrag sparen sie sich so auch gleich noch AHV-Beiträge.

Am meisten stört mich an der Steuerreform II jedoch ein weiterer Punkt: Während wir Lohnbezüger und Lohnbezügerinnen jeden einzelnen Franken unseres Lohnes versteuern, gewährt man Aktionären und Aktionärinnen grosszügig Steuergeschenke. Die Unternehmenssteuerreform II wird für Steuerausfälle von rund 400 Millionen Franken jährlich sorgen. Diese werden wir Lohnempfänger/-innen berappen müssen. Eine unglaubliche Ungerechtigkeit, sind doch die Löhne in den letzten Jahren nur sehr zögerlich gestiegen, die Unternehmensgewinne jedoch beinahe explodiert.

«Bei den Löhnen der Arbeitnehmenden und den Renten der Pensionierten steht man seit Jahren auf die Bremse – bei den Steuergeschenken an die Vermögenden gibt man Vollgas», bilanzieren die Gewerkschaften. Ich stimme ihnen zu: Um die Wirtschaft nachhaltig in Schwung zu halten, brauchen wir mehr Gerechtigkeit bei den Löhnen und Renten, aber vor allem auch bei den Steuern. Von der Unternehmenssteuerreform II profitieren einige wohlhabende Menschen in diesem Land. Die grosse Mehrheit jener, die nicht profitieren, ja sogar draufzahlen werden, lehnen sie hoffentlich wuchtig an der Urne ab.

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