Was die Patienten wollen: Qualität! Weder Abzockerei noch Unterversorgung!

  • 16. April 2006
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Die Qualität der Gesundheitsversorgung steht zur Debatte. Das Phänomen der Überarztung ist brisant, das der drohenden medizinischen Unterversorgung aus Kostengründen aber auch.
Ersteres zu ermitteln ist Sache der Krankenkassen. Doch deren Beurteilung basiert auf völlig ungenügenden Kriterien, d.h. ohne Beachtung des Krankheitszustandes der Patientinnen und Patienten einer Praxis. Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf der Basis von Alter, Geschlecht und Wohnort der Kranken sind sachlich ungenügend, darum fragwürdig. Blutdruckmessen ist nun mal billiger als die Behandlung von Aids-Kranken. Die Prüfung ärztlichen Handelns auf dessen Wirtschaftlichkeit verlangt morbiditätskorrelierte Kriterien, muss Art und Schwere der Erkrankungen berücksichtigen. Alles andere ergibt ein verzerrtes Bild, engagierte Ärztinnen und Ärzte riskieren als Abzocker in Verruf zu geraten und die Chronischkranken letztlich, unterversorgt zu werden. Wer als Arzt befürchten muss angeprangert zu werden, stellt sich bald einmal die Frage, kann ich mir Chronischkranke überhaupt noch leisten oder muss ich ihnen sagen, leider liegt die Behandlung, die sie brauchen nicht drin. Politik und Kassen lassen es nicht mehr zu. So gerät die Qualität unseres Gesundheitswesens in Gefahr und in Verruf. 
Auch das Versicherungsgericht benutzt die Methode des Mittelwertes und lässt die Morbiditätsdifferenzierung der Patientenstruktur ausser Acht. Das birgt die Gefahr einer Abwärtsspirale der medizinischen Grundversorgung und setzt die Anreize falsch. Je mehr der prozentuale Mittelwert unterschritten wird, desto tiefer sinkt er. Ärztinnen und Ärzte sehen sich zunehmend vor den Gewissensentscheid gestellt, ob sie sich kosten- und zeitintensive Kranke noch leisten können. Krebskranke, Polymorbide oder Aidskranke riskieren, nicht mehr lege artis behandelt zu werden. Andererseits steigen die Kosten, weil aufwändige Patientinnen und Patienten schneller in Spezialpraxen oder ins Spital „weitergeleitet“ werden. Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium kritisierte am 11. Oktober 04 die Mängel des von Santésuisse und vom EVG angewandten Mittelwertvergleichs. Er berücksichtige die Besonderheiten die Patientenstruktur der Praxen zu wenig und lasse die Thematik „Angemessenheit und Qualität der medizinischen Leistungen“ ausser Acht.

Selbst der Bundesrat bestätigt „die damit verbundene Schwierigkeit aussagekräftiger Vergleiche“. Was tut er? Hinsichtlich der Kriterien, meines Wissens nichts.
Dabei verpflichtet Art. 118 der Bundesverfassung den Bund zum Schutz der Gesundheit. Als Garant dieses Gesundheitsschutzes hat er die richtigen Anreize und Messkriterien zu setzen. Die Wirtschaftlichkeit darf nicht zulasten der Gesundheitsversorgung gehen, schon gar nicht zulasten von Schwerkranken. Der Bundesrat muss handeln. Den Auftrag hat er mit der Parlamentarischen Initiative der Qualitätssicherung (B.Heim), die das Parlament in Form einer Motion der Sozial- und Gesundheitskommission gegen den Willen von BR Couchepin überwiesen hat.

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