Feines Schneetreiben vor den Fenstern des Bundeshauses – Hektik in der Wandelhalle, Interviews zur Swisscom-Geschichte, zum Zoff im Bundesrat und zum Cargo-Debakel. Dazwischen Arbeitssitzungen, jeweils unterbrochen vom Run zum Abstimmen im Ratssaal
oder durch den Blick-Journalisten, der eine Unterschrift für die Pitbull Petition seiner Zeitung möchte. Das Wechselspiel zwischen Weihnachtsstimmung und Polit-Geschäft gibt der Weihnachtssessionen ihr besonderes Gepräge. Während auf dem Platz vor dem Bundeshaus ein riesiger Weihnachtsbaum in blauen und weissen Lichtern Japaner-Pärchen den Fotoapparat zücken lässt, läuft im Saal die Debatte über häusliche Gewalt, ein Thema dem gerade während der Festtage nicht selten traurige Aktualität zukommt. Der Rat beschliesst, trotz des Widerstandes aus dem Lager der SVP, Gewalt in Familie und Partnerschaft konsequent zu bekämpfen. Der Grundsatz: „Wär schloht, dä goht“, ist in unserem Kanton dank überparteilicher Zusammenarbeit im Kantonsrat bereits realisiert. Alles andere als ein Erfolg war die Asyldebatte. Das Asylgesetz wurde unter der Führung des EJPD-Chefs derart verschärft, dass es die Flüchtlingskonvention verletzt und unsere Verfassung ritzt. Wo die CVP bei dieser Revision ihr C gelassen hat, fragen sich mittlerweile selbst deren Parteikollegen in Genf. Die SP kann und will nicht zulassen, dass Grundrechte nicht mehr für alle Menschen gelten sollen. Heute trifft das Verdikt Asylsuchende – und wen trifft es morgen? Die Grundidee der humanitären Schweiz ist ein Stück schweizerischer Identität – halten wir sie fest! Dazu braucht es eine kohärente Migrationspolitik, in der Schweiz wie in Europa. Einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt auch die Budgetdebatte. Wer ständig über die Verschuldung jammert und gleichzeitig auf allen Ebenen den Abbau der Steuern fordert, macht keinen Hehl daraus, worum es ihm geht: um die Schwächung der sozialen und ökologischen Schweiz. Kein Geld zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, kein Geld für mehr Lehr- und Praktikumsstellen beim Bund, kein Geld auch um die zu hohen Trassenpreise im Güterverkehr zu senken. Die bürgerliche Sparpolitik torpediert den vom Volk mehrfach bestätigten Grundsatz „Für die Güter die Bahn“. Sie belastet damit das Strassennetz, sodass die Autobahn zwischen Zürich und Bern am Ende durchgehend auf sechs Spuren ausgebaut werden muss. Das wird zwar alles andere als gratis zu haben sein, aber in der Budgetdebatte zählt nicht die längerfristige Wirkung, sondern der kurzfristige „Erfolg“. Dabei ist eines klar: Wer heute die dringenden Investitionen in Bildung, Umwelt und umweltfreundliche Verkehrslösungen, in soziale Sicherheit und Prävention im Bereich Gesundheit vernachlässigt, treibt die Kostenspirale im Sozial- und Gesundheitswesen in die Höhe und belastet kommende Generationen. Von Nachhaltigkeit kann bei einer solchen Politik keine Rede sein. Ähnlich verfährt das Land mit seinen Goldreserven: Was unsere Vorfahren erarbeitet und erspart haben, wird nun landauf landab für Steuergeschenke verjubelt. Wahrlich eine schöne Bescherung. Und mittlerweile tobt an allen Fronten ein Steuerwettbewerb. Mit seinem degressiven statt progressiven Tarif setzt der Kanton Obwalden einen vorläufigen Höhepunkt und verstösst damit gegen den in der Bundesverfassung verankerten Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Es versteht sich von selbst, dass nun auch die anderen Kantone unter Druck kommen und nachziehen wollen. Ganz zur Freude der Grossverdiener à la Vasella oder Ospel. Mit einem Wohnsitzwechsel sparen diese Millionen von Steuerfranken. Ihr Profit geht klar zu Lasten der Normalverdienenden, ganz besonders der Familien, die mit höheren Gebühren und dem Abbau von staatlichen Leistungen am Ende noch tiefer in den Sack greifen müssen. Diese Politik des Steuerwettbewerbs bringt uns nicht weiter, nein sie ist schlicht ruinös. Wollen wir mehr Steuergerechtigkeit, so braucht es eine materielle Steuerharmonisierung, sei es innerhalb einer gesamtschweizerisch festgelegten Bandbreite der Tarife, sei es durch eine einheitliche Besteuerung hoher Einkommen. Wenn die Einsicht, dass Steuergerechtigkeit eine zentrale Frage der Staatsräson ist, argumentativ nicht zu erwirken ist, kann nur noch eine Volksinitiative Remedur schaffen.