Eingereichter Text
„Kein Geschäft mit dem Tod“ fordert der Zürcher Oberstaatsanwalt Andreas Brunner und spricht von gravierenden Lücken im heutigen Recht. Es fehle die Aufsicht über Sterbehilfeorganisationen. Es mangle an Transparenz hinsichtlich Strukturen und vor allem hinsichtlich Finanzierung solcher Organisationen. In der Frühjahrssession 2004 hat nach dem Ständerat auch der Nationalrat die Motion 03.3180, „Sterbehilfe und Palliativmedizin“, angenommen. Sie verlangt, die Lücken im geltenden Recht zu schliessen. Die heutige Situation in diesem sehr sensiblen Bereich verlangt, die Regelung der Aufsicht sofort an die Hand zu nehmen.
„Heute kann jeder eine Suizidhilfe-Organisation gründen. Die Organisationen unterstehen keiner Aufsicht“, liess sich Herr A. Brunner zitieren.
Wie stellt sich der Bundesrat zu dieser Kritik?
Ist er in der Lage, die Frage der Aufsicht in allernächster Zeit zu regeln, oder auf wann kann damit gerechnet werden?
Antwort des Bundesrates
Der Bundesrat verfolgt die Entwicklung im Bereich der Betreuung und Begleitung von Menschen am Ende ihres Lebens mit grosser Aufmerksamkeit und Sorge. Es bestehen hier zahlreiche offene Fragen.
Die Ausführungen von Herrn Wäfler zu den Artikeln 114 und 115 StGB sind zutreffend. Es handelt sich um schwere Delikte, weil sie gegen das Leben gerichtet sind. Das StGB muss selbstverständlich angewendet werden. Weder eine Zulassung der aktiven Sterbehilfe noch eine Liberalisierung der Beihilfe zum Selbstmord stehen zur Diskussion. Für den Rechtsvollzug durch die Rechtspflege gelten die Artikel 114 und 115 StGB somit unverändert. Diese Artikel müssen angewendet werden.
Die Motion 03.3180, „Sterbehilfe und Palliativmedizin“, verlangt vom Bundesrat, Vorschläge für eine gesetzliche Regelung der indirekten aktiven und der passiven Sterbehilfe zu erarbeiten und Massnahmen zur Förderung der Palliativmedizin zu treffen. Die in den beiden Fragen angedeuteten Missbräuche im Zusammenhang mit der Beihilfe zum Selbstmord werden vom EJPD in einem Bericht geprüft, der bis im November 2005 zu erwarten ist. Dieser Bericht wird sich auch zu den Suizidhilfeorganisationen und insbesondere zur Frage ihrer allfälligen Beaufsichtigung äussern, da dies eng mit dem Sterbetourismus zusammenhängt. Der erwähnte Bericht wird dem Parlament zur Kenntnis gebracht werden. Gestützt darauf ist angesichts der kontroversen Forderungen – es wird politisch sowohl eine Liberalisierung als auch eine verstärkte Regulierung verlangt – die Einsetzung einer Expertenkommission in Erwägung zu ziehen. Das EJPD erhofft sich daraus eine Klärung der Reformbestrebungen. Danach soll das weitere Vorgehen betreffend gesetzgeberische Massnahmen auf Bundesebene festgelegt werden.
Was die Praxis der Zürcher Behörden anbelangt, kann sich der Bundesrat aufgrund der Gewaltentrennung nicht in die Tätigkeit der Justiz einmischen. Er hat im Rahmen seiner Zuständigkeiten aber für den Vollzug der Gesetzgebung und die Einhaltung des Bundesrechtes zu sorgen. Der Bundesrat hat bis heute keinen Anlass, zu zweifeln, dass die Zürcher Justizbehörden das Bundesstrafrecht gesetzeskonform und gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichtes anwenden.