Beitrag von Bea Heim im Oltner Tagblatt vom 13.8.05 über die nationale Bedeutung des Niederamtes
Immer wenn in den Sommermonaten zum völlig ausufernden Lastwagenverkehr und zu den städtischen Kurzstreckenausflüglern auf der Autobahn auch noch der Ferienverkehr hinzukommt, wird aus Autokreisen die Forderung nach mehr und breiteren Autobahnen erhoben.
Auch dieses Jahr. Dabei geht es nicht nur um die Behebung von Engpässen, sondern um viel mehr. Verlangt wird der Ausbau auf sechs Spuren, durchgehend von Zürich bis nach Bern. Die Folge davon wäre eine massive Zunahme des motorisierten Verkehrs. In Kürze müsste dann die Autobahn vor Zürich, im Gäu oder vor Bern auf acht Spuren erweitert werden. Dabei bleibt die Frage unbeantwortet, wie die Städte, wie unsere Region diesen zusätzlichen Strassenverkehr noch schlucken sollen. Und wie sie dann mit dem nochmals verschärften Ozon- und Russpartikelproblem umgehen sollen, bleibt ein Rätsel.
Dabei gibt es in keinem Bereich so viele und so eindeutige Volksentscheide wie in der Verkehrspolitik. Mit seinem Ja zur Alpeninitiative, dem Ja zur NEAT und zur Bahn 2000 hat das Volk klare Zeichen gesetzt. Der Güterverkehr soll auf die Schiene. Dass der Bund entgegen dem Volksentscheid das Verlagerungsziel nun hinauszögert, trifft das Mittelland und damit auch unsere Region und ihre wirtschaftliche Entwicklung.
Die steigende Nachfrage vor allem im Güterverkehr verlangt eine gute Infrastruktur und erfordert eine ausreichende Kapazität im Schienennetz. Klemmt es an einer zentralen Stelle, wirkt sich das auf den ganzen Bahnverkehr aus. Engpässe bestimmen die Leistungsfähigkeit, aber auch die Rentabilität der Bahn. Sie bestimmen, in welchem Mass der Güterverkehr auf der Schiene oder auf der Strasse transportiert wird. Die Engpässe begrenzen auch das Angebot im regionalen Personenverkehr. Das zeigt sich in der Erschliessung des Niederamtes. Hier droht der Gütertransport den Personenverkehr auf die Strasse zu verdrängen. Seit der Inbetriebnahme der ersten Etappe Bahn 2000 ist die Kapazität des Abschnittes Däniken-Aarau völlig ausgeschöpft. Die für unsere Region wichtigen Verbesserungen im Personenverkehr, die Fahrplanverdichtung mit einem Halbstundentakt und zusätzlichen Halten, auch des Regio-Express, bleiben so unrealisierbar. Durch Schönenwerd rast alle 2-3 Minuten ein Zug. Die Linie Olten-Aarau ist national gesehen eine der wichtigsten Bahnstrecken im Ost-West-Verkehr. Hier herrscht die höchste Verkehrsdichte der Schweiz. Die Züge müssten hier mit Höchstgeschwindigkeit fahren können. Doch zwischen Däniken und Aarau gibt es nur zwei Geleisespuren. Dringend erforderlich wären aber deren vier. Das Niederamt entpuppt sich immer mehr als nationaler Flaschenhals, zum Nachteil der Region und des ganzen Bahnverkehrs. Statt von sechs – und später ev. gar 8-spurigen Autobahnen zu schwärmen, sollte sich auch ein gewisser Aargauer Transpörtler und Nationalrat mit den Solothurner Behörden dafür stark machen, dass die Engpässe im Schienennetz und ganz besonders das Nadelöhr im Niederamt möglichst bald behoben wird. Was nützen die Milliarden für Hochgeschwindigkeitsan-schlüsse an unseren Landesgrenzen, wenn man den Verkehr nicht zu den Anschlüssen bringt?
Die Behebung der Engpässe im Zentrum des schweizerischen Schienennetzes und damit des Nadelöhrs im Niederamt müssen Priorität erhalten. Mein Eindruck aus der parlamentarischen Arbeit im Nationalrat ist jedoch, dass das Mittelland im Gegensatz zu den Randkantonen kaum eine tragende Lobby hat und dessen Interessen, die auch die unsrigen sind, darum zwischen jenen der Wirtschaftsmetropolen und den Grenzkantonen zerrieben werden. Es sei denn, das Mittelland als Grossregion mit der höchsten Verkehrsbelastung würde sich im Interesse einer optimalen Verkehrslösung organisieren. Aus demokratiepolitischen Gründen kann und darf das nicht der einseitige Ausbau des motorisierten Verkehrs sein. Und wer um die steigenden Gesundheitskosten und Todesfälle wegen der Luftbelastung weiss, setzt auch aus diesen Gründen auf die Bahn.
Was ist zu tun? Es ist höchste Zeit, mit der Gründung des längst beschlossenen überparteilichen Komitees „Pro Eppenberg“ vorwärts zu machen. Der Bund arbeitet am Programm für die Bahn 2000 2.-Etappe. Die Region muss sich Gehör verschaffen. Dabei gilt es, Koalitionen mit den anderen Mittellandkantonen zu schmieden. Gibt es eine bessere Gelegenheit, als anlässlich des Jubiläums 150 Jahr Eisenbahnstadt Olten 2006, eine Mittellandkonferenz einzuberufen, an der unsere Nachbarkantone mit uns und der Region die entscheidende Botschaft nach Bern senden? Region und Nation brauchen den Eppenbergtunnel. „Pro Eppenberg“! – Achtung, fertig, los!