Invasive Neophyten

  • 07. März 2004
  • Interpellationen
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Eingereichter Text
Invasive Neophyten, aus fremdem Gebiet eingeführte Pflanzen, die sich auf Kosten einheimischer Arten massiv ausbreiten, können grosse ökologische, wirtschaftliche, aber auch gesundheitliche Auswirkungen zur Folge haben. Besonders die aufrechte Ambrosie hat neben ihrer negativen ökologischen Auswirkung einen erheblich gesundheitsgefährdenden Charakter:
Die Ambrosie produziert ungewöhnlich viele Pollen. Diese Pollen besitzen ein hohes Allergiepotenzial.
Ambrosiepollen sind so aggressiv, dass auch bisher beschwerdefreie, pollenempfindliche Personen in Zukunft eine Allergie auf diese Pollen entwickeln können. Die allergischen Reaktionen bei Ambrosiepollen sind heftig und führen oft zu Asthma. In der Schweiz, wo jeder siebente Mensch pollenallergisch ist, könnte dies zu enorm steigenden Gesundheitskosten führen. In Quebec beispielsweise fallen jährliche ambrosiebedingte Gesundheits- und Bekämpfungskosten von 50 Millionen Franken an. In Deutschland rechnet man mit etwa 1000 Franken pro Jahr für Patienten mit allergischem Asthma. Dies ergibt für Ambrosieallergiker Gesundheitskosten von 30 bis 75 Millionen Franken pro Jahr. Dies zu einem Zeitpunkt, in dem die Ambrosie in Deutschland noch nicht sehr häufig ist.
Pollenkonzentrationen der aufrechten Ambrosie haben in den Pollenmessstationen Genf und Locarno in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Genfer und Tessiner Allergologen stellen denn auch vermehrt Allergien auf Ambrosiepollen fest. Nach den Erfahrungen in anderen Ländern ist zu erwarten, dass sich diese Pflanze auch in weiteren Regionen der Schweiz ausbreitet, gesundheitliche Probleme und damit verbunden auch erhebliche Gesundheitskosten verursacht. Deshalb fragen wir:
1. Wie beurteilt der Bundesrat die Gefährdung durch die aufrechte Ambrosie, aber auch durch andere Neophyten (Heracleum mantegazzianum) hinsichtlich der:
– ökologischen Folgen;
– wirtschaftlichen Folgen;
– Folgen für die Gesundheitskosten?
2. Welche kurz- und langfristigen Massnahmen gegen die Invasion von Neophyten, insbesondere von gesundheitsbelastenden Neophyten, ist er bereit zu ergreifen?

Antwort des Bundesrates vom 18. Mai 2004
1. Neophyten sind Pflanzen, die ab 1500 nach Christus in unseren Breitengraden willentlich eingeführt wurden oder auf natürlichem Weg eindrangen. Unter diesen Begriff fallen also sehr viele Pflanzen, u. a. einige der wichtigsten Kulturpflanzen der Schweiz (Mais, Kartoffeln, Soja). Zierpflanzen sind zu einem grossen Teil Neophyten. Es wird angenommen, dass es sich bei 11 Prozent der Pflanzen in der Schweiz um Neophyten handelt.
Während eingeführte Pflanzen grossmehrheitlich keine Probleme verursachen, besitzen einige davon negative Eigenschaften, die sie als invasiv erscheinen lassen. Der schädliche Charakter von Pflanzen mit hohem Allergiepotenzial, wie der Ambrosie, ist leicht erkennbar. Bei den meisten invasiven Neophyten zeigt jedoch nur die Erfahrung, ob sie zu Unkraut für die Kulturen oder in der natürlichen Umgebung zu einer untragbaren Konkurrenz für einheimische Arten werden.
Das Thema invasive Neophyten wird in der Schweiz seit einigen Jahren diskutiert. Eine Arbeitsgruppe der Schweizerischen Kommission für die Erhaltung von Wildpflanzen hat eine Liste der in der Schweiz als solche geltenden Pflanzen erstellt.
Auf europäischer Ebene verfolgt eine Expertengruppe der Pflanzenschutzorganisation für Europa und den Mittelmeerraum ein ähnliches Ziel; die Schweiz ist darin vertreten und sorgt für die Anerkennung ihrer Arbeiten in diesem Rahmen. Dank dieser Plattform kommen die Beobachtungen und Erfahrungen der verschiedenen europäischen Länder zusammen, so dass Pflanzen, die in Europa zu wuchern drohen, aufgrund praktischer Erfahrungen rasch erkannt werden können.
Unseres Wissens gibt es keine Studien, die es ermöglichen, in der Schweiz die von bestimmten invasiven Neophyten verursachten ökologischen und wirtschaftlichen Kosten sowie die Gesundheitskosten zu beziffern.
2. Gegen besonders problematische invasive Neophyten können verschiedene Massnahmen erwogen werden. Erstens ist zu verhindern, dass solche Arten z. B. durch den Handel mit Pflanzen oder Samen überhaupt eingeschleppt werden. Zweitens müsste ein Überwachungsnetz eingerichtet werden, um festzustellen, ob eine bestimmte Pflanze in der Schweiz schon vorkommt und gegebenenfalls in welchem Ausmass. Massnahmen sind auch zu ergreifen, um die Pflanze entweder auszurotten oder ihre Ausbreitung zu verhindern. Schliesslich ist die Information der Ärzte und der Allgemeinbevölkerung von grosser Bedeutung.
Kurzfristig kommen Massnahmen gegen die Ambrosie aufgrund der Pflanzenschutzverordnung infrage. Angesichts des hohen Allergiepotenzials ihrer Pollen scheint diese Art am meisten Probleme zu verursachen. Bei den anderen Arten ist noch zu entscheiden, ob sie besonders problematisch sind. Es scheint zweckmässig, sich auf diese letzte Gruppe zu konzentrieren, um eine Streuung der Finanzmittel zu vermeiden, die insbesondere in den Kantonen zur Bekämpfung bereitgestellt werden können.
In der Pflanzenschutzverordnung sind zur Vermeidung der Einschleppung und Verbreitung gefährlicher Organismen für die Pflanzen, z. B. des Feuerbrandes, ähnliche Massnahmen vorgesehen wie die oben beschriebenen. Massnahmen werden beim Handel mit Wirtspflanzen der betreffenden Krankheiten getroffen, um ihre Einführung in die Schweiz und ihre Verbreitung zu verhindern. Die genannte Verordnung legt für den Fall des Auftretens eines neuen gefährlichen Organismus auch Bekämpfungsmassnahmen im Landesinnern fest. Die Umsetzung obliegt den Kantonen. Die kantonalen Pflanzenschutzdienste haben die Aufgabe, das Territorium zu überwachen und bei Auftreten eines Schadorganismus Bekämpfungsmassnahmen anzuordnen.
Bevor aufgrund der Verordnung Massnahmen gegen die Ambrosie angeordnet werden, ist eine Abstimmung mit den Kantonen erforderlich, da diese die Bekämpfungsmassnahmen auf ihrem Territorium umzusetzen hätten.
Es sind mehrere Ämter auf verschiedenen Stufen von der Problematik der invasiven Neophyten betroffen; es wird notwendig sein, die entsprechende Koordination zu gewährleisten.

Erklärung Urheberin/Urheber: befriedigt

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